Konzern-Initiative wird zur Zitterpartie
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GfS-Umfrage zur Abstimmung:Konzern-Initiative wird zur Zitterpartie

Zweite GfS-Umfrage zur Abstimmung zeigt
Konzern-Initiative wird zur Zitterpartie

Der Abstimmungskampf um die Konzernverantwortungs-Initiative bleibt extrem spannend. Die Befürworter haben die Nase mit 57 Prozent Ja zwar weiterhin vorn, doch ihr Vorsprung schrumpft. Das zeigt die zweite GfS-Umfrage.
Publiziert: 18.11.2020 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 29.11.2020 um 22:04 Uhr
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Die Konzernverantwortungs-Initiative hat bei den Stimmberechtigten die Nase noch vorn.
Foto: Manuel Geisser

Die Befürworter der Konzernverantwortungs-Initiative müssen zittern. Zwar würden noch immer 57 Prozent der Befragten der Initiative zustimmen, wie die zweite Umfrage des Forschungsinstituts GfS Bern zeigt. Doch in der ersten Umfrage vom Oktober waren es noch 63 Prozent, die bestimmt oder eher dafür gewesen sind, dass Schweizer Konzerne für Umweltvergehen und Menschenrechtsverletzungen im Ausland haften müssen.

Das Nein-Lager hingegen hat von 33 auf 41 Prozent zulegen können. Der Vorsprung der Initianten hat sich damit von 30 auf 16 Prozentpunkte halbiert. In der Hauptphase des Abstimmungskampfes habe «eine Polarisierung der Meinungsbildung zum Nein hin» stattgefunden, stellen die Politforscher denn auch fest.

CVP-Basis ist gespalten

Befürworter finden sich in allen Parteien. Massive Ja-Anteile finden sich in der Anhängerschaft der SP, der Grünen und der GLP. Auch bei den Parteiungebundenen liegt das Ja-Lager weiterhin vorn.

Die CVP-Basis hingegen ist tief gespalten. Hatten in der ersten Umfrage die Befürworter im CVP-Lager die Nase noch vorn, hat sich der Trend gekehrt. Eine relative Mehrheit von 49 Prozent der CVPler will Nein stimmen, 47 Prozent wollen ein Ja in die Urne legen. Bei FDP und SVP plädieren jeweils noch ein Viertel für ein Ja. Das bürgerliche Lager ist sich also alles andere als einig.

Am meisten überzeugt gemäss GfS Bern das Argument, dass freiwillige Massnahmen der Unternehmen nicht ausreichen. Bei den Gegnern findet vor allem die Furcht vor einem Schaden für den Wirtschaftsstandort Schweiz Anklang.

Überdurchschnittlich hoch ist die Zustimmung weiterhin bei Frauen, Jungen, Hochgebildeten und tieferen Einkommensschichten. GfS Bern sieht denn auch weiterhin «intakte Chancen», dass die Initiative trotz des Nein-Trends angenommen wird.

Stände könnten entscheiden

Festlegen mögen sich die Meinungsforscher aber nicht. Wie die Abstimmung am 29. November ausgeht, ist offen: GfS Bern hält derzeit beide Szenarien für realistisch. «Die Emotionalität des Themas und der intensive Abstimmungskampf dürften weiterhin für Dynamik in der Meinungsbildung sorgen», schreibt das Institut. Die Situation insgesamt sei «too close to call».

Umso mehr hoffen die Gegner nun darauf, dass die Initiative am Ständemehr scheitert. Die Bergkantone sind auf beiden Seiten besonders hart umkämpft. Viel hängt davon ab, welches Lager im Schlussspurt besser mobilisiert.

Darum geht es bei der Konzernverantwortungs-Initiative

Am 29. November stimmt die Schweiz über die Konzernverantwortungs-Initiative ab. Sie will, dass Unternehmen mit Sitz in der Schweiz dafür haften, wenn sie, ihre Tochterfirmen oder andere kontrollierte Unternehmen im Ausland gegen Menschenrechte oder Umweltstandards verstossen. Im Rahmen einer Sorgfaltsprüfung müssen Unternehmen künftig mögliche Risiken erkennen und geeignete Massnahmen dagegen ergreifen. Diese Sorgfaltspflicht gilt für alle Unternehmen in der Lieferkette.

Dagegen sind Bundesrat und Parlament. Sie argumentieren, dass ein Ja ein Alleingang der Schweiz wäre, der vor allem dem Wirtschaftsstandort schaden würde. Dem Nein-Lager gehören CVP, FDP und SVP an, dazu kommen die Wirtschaftsverbände, allen voran der Dachverband Economiesuisse. Sie befürchten eine Schwächung der Schweizer Unternehmen, den Rückzug von KMU aus Entwicklungsländern, zu viel Bürokratie und erpresserische Klagen.

Dafür sind neben den über hundert Nichtregierungsorganisationen, welche die Initiative ergriffen haben, SP, Grüne, GLP, EVP und BDP. Dazu kommt ein bürgerliches Komitee mit Vertretern von CVP und FDP.

BLICK beantwortet hier die wichtigsten Fragen zur Initiative.

Am 29. November stimmt die Schweiz über die Konzernverantwortungs-Initiative ab. Sie will, dass Unternehmen mit Sitz in der Schweiz dafür haften, wenn sie, ihre Tochterfirmen oder andere kontrollierte Unternehmen im Ausland gegen Menschenrechte oder Umweltstandards verstossen. Im Rahmen einer Sorgfaltsprüfung müssen Unternehmen künftig mögliche Risiken erkennen und geeignete Massnahmen dagegen ergreifen. Diese Sorgfaltspflicht gilt für alle Unternehmen in der Lieferkette.

Dagegen sind Bundesrat und Parlament. Sie argumentieren, dass ein Ja ein Alleingang der Schweiz wäre, der vor allem dem Wirtschaftsstandort schaden würde. Dem Nein-Lager gehören CVP, FDP und SVP an, dazu kommen die Wirtschaftsverbände, allen voran der Dachverband Economiesuisse. Sie befürchten eine Schwächung der Schweizer Unternehmen, den Rückzug von KMU aus Entwicklungsländern, zu viel Bürokratie und erpresserische Klagen.

Dafür sind neben den über hundert Nichtregierungsorganisationen, welche die Initiative ergriffen haben, SP, Grüne, GLP, EVP und BDP. Dazu kommt ein bürgerliches Komitee mit Vertretern von CVP und FDP.

BLICK beantwortet hier die wichtigsten Fragen zur Initiative.

GSoA muss auf ein Wunder hoffen

Eindeutiger ist der Nein-Trend bei der zweiten Initiative. Die Kriegsgeschäfte-Initiative, die Nationalbank und Pensionskassen verbieten will, in Rüstungskonzerne zu investieren, hätte derzeit nur noch 50 Prozent Ja-Stimmen gemacht. 45 Prozent der Stimmenden wären dagegen gewesen.

Der Vorsprung der Initianten rund um die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) ist damit von 13 auf noch 5 Prozentpunkten geschrumpft. GfS.Bern spricht denn auch von einem «handfesten Nein-Trend». Die Forscher rechnen mit einer Ablehnung der Initiative. (rus)

GfS Bern befragte im Auftrag von SRG SSR zwischen dem 2. und 11. November 10'069 Stimmberechtigte. Der statistische Fehlerbereich beträgt +/-2,7 Prozentpunkte.

Darum geht es bei der Kriegsgeschäfte-Initiative

Die Schweizer Nationalbank, Stiftungen sowie Vorsorgewerke (AHV/IV/EO) sollen nicht mehr ins Kriegsgeschäft investieren dürfen. Das verlangt die Initiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten» der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) und der Jungen Grünen. Sie werden unterstützt von Grünen, SP, EVP sowie rund 30 Organisationen.

Als Kriegsmaterialproduzenten gelten demnach Unternehmen, die mehr als 5 Prozent ihres Jahresumsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erzielen. Verboten würden Kredite, Darlehen, Schenkungen oder der Kauf von Aktien. Bereits bestehende Finanzierungen wären innert vier Jahren abzustossen.

Für die Befürworter ist die Initiative ein Schritt zu einer friedlicheren Welt. Investitionen in Kriege und Konflikte stünden im Widerspruch zur humanitären Tradition der neutralen Schweiz. Viele Finanzunternehmen setzten schon heute auf ethische Anlagen.

Der Bundesrat und die bürgerliche Mehrheit im Parlament lehnen die Initiative ab. Für sie hätte diese negative wirtschaftliche Folgen für Nationalbank, Stiftungen und Vorsorgewerke. Betroffen sein könnten zudem die Finanzbranche sowie die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie. Der Schweizer Standort würde an Attraktivität verlieren.

Nationalbank oder Pensionskassen sollen nicht mehr in Produzenten von Kriegsmaterial investieren dürfen, fordert die Initiative.
Keystone

Die Schweizer Nationalbank, Stiftungen sowie Vorsorgewerke (AHV/IV/EO) sollen nicht mehr ins Kriegsgeschäft investieren dürfen. Das verlangt die Initiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten» der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) und der Jungen Grünen. Sie werden unterstützt von Grünen, SP, EVP sowie rund 30 Organisationen.

Als Kriegsmaterialproduzenten gelten demnach Unternehmen, die mehr als 5 Prozent ihres Jahresumsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erzielen. Verboten würden Kredite, Darlehen, Schenkungen oder der Kauf von Aktien. Bereits bestehende Finanzierungen wären innert vier Jahren abzustossen.

Für die Befürworter ist die Initiative ein Schritt zu einer friedlicheren Welt. Investitionen in Kriege und Konflikte stünden im Widerspruch zur humanitären Tradition der neutralen Schweiz. Viele Finanzunternehmen setzten schon heute auf ethische Anlagen.

Der Bundesrat und die bürgerliche Mehrheit im Parlament lehnen die Initiative ab. Für sie hätte diese negative wirtschaftliche Folgen für Nationalbank, Stiftungen und Vorsorgewerke. Betroffen sein könnten zudem die Finanzbranche sowie die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie. Der Schweizer Standort würde an Attraktivität verlieren.

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