Erst gerade eröffnet – schon beinahe Konkurs
Kanton Zürich mit Millionenspritze für Vorzeige-Schiessanlage

Erst vor zwei Jahren wurde in Bülach eine der grössten und modernsten Schiessanlagen eröffnet. Nur: Ihr fehlen die Schützen – nun droht der Konkurs. Für den Kanton ist die Privatunternehmung systemrelevant. Er muss 3,5 Mio. Franken nachschiessen.
Publiziert: 10:47 Uhr
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Aktualisiert: 11:12 Uhr
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Die Anlage Widstud in Bülach wurde 2023 als eine der modernsten und grössten Europas eröffnet. Nun droht der Konkurs.
Foto: Screenshot SRF

Darum gehts

  • Moderne Schiessanlage Widstud bei Bülach ZH droht Niedergang wegen fehlender Einnahmen
  • Kanton Zürich muss mit 3,5 Millionen Franken Finanzspritze einspringen
  • Über 50 Schiessmöglichkeiten, darunter 200 Meter langer unterirdischer Schiesstunnel
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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

Im Sommer 2023 wurde sie noch feierlich eröffnet – jetzt droht der Widstud bei Bülach ZH bereits der Niedergang. Die Schiessanlage gilt als eine der modernsten und grössten Europas. Sie bietet über 50 verschiedene Schiessmöglichkeiten, darunter einen 200 Meter langen unterirdischen Schiesstunnel.

Trotz der luxuriösen Ausstattung fehlen der Anlage die Schützinnen und Schützen – und damit auch die Einnahmen. Die Situation ist brisant: Denn die Unternehmung ist zwar privat, doch für den Kanton Zürich systemrelevant. Wie die Tamedia-Zeitungen berichten, muss dieser nun mit einer Finanzspritze von über 3,5 Millionen Franken nachhelfen.

Jägerinnen und Jäger darauf angewiesen

Andres Türler, Verwaltungsratspräsident der Anlage sowie ehemaliger Zürcher FDP-Stadtrat, bestätigt die Probleme. «Die Entwicklung der Besucherzahlen war in den ersten eineinhalb Betriebsjahren tiefer als geplant», sagt er. Die genauen Zahlen seien nicht bekannt, die finanzielle Lage aber ernst.

Nach der Schliessung der Jagdschiessanlage in Embrach ist sie der einzige Ort, an dem Jägerinnen und Jäger aus dem ganzen Kanton den obligatorischen Treffsicherheitsnachweis erbringen können. Der Kanton ist deshalb von Anfang an am Aktienkapital beteiligt gewesen.

Ein Konkurs würde bedeuten, dass Jägerinnen und Jäger nicht mehr dort trainieren könnten. Laut einem kürzlich veröffentlichten Regierungsratsbeschluss droht genau das. Könne der aufgestellte Sanierungsplan nicht umgesetzt werden, müsste die Betreiberin mit grosser Wahrscheinlichkeit Konkurs anmelden, wie die Regierung schreibt.

Mietkosten belasten das Budget

Das Problem liegt jedoch nicht bei den Jägerinnen und Jägern. Die jagdlichen Schiessübungen werden wie erwartet genutzt. Es sind andere Bereiche wie Sportschiessen oder Trainings von Sicherheitsorganisationen, die hinter den Erwartungen zurückbleiben.

Auf Kostenseite belastet vor allem die hohe Miete die Kasse. Der Sanierungsplan sieht nun vor, dass die Betreiberin die Anlage kauft. Zur Finanzierung sind eine Hypothek, ein Darlehen und eine Kapitalerhöhung nötig. Private Investoren sollen Aktien im Wert von 2,75 Millionen Franken kaufen, während der Kanton 3,5 Millionen Franken beisteuert.

Der Regierungsrat hat diese Summe Mitte März bewilligt, wodurch der Kanton zum grössten Aktionär wird – ohne jedoch die Stimmenmehrheit zu erlangen.

Private Investoren werden bei Ausschüttung bevorzugt

Der Grund für die staatliche Rettungsaktion: Die Betreiberin habe trotz intensiver Bemühungen nicht mehr private Gelder auftreiben können. Ein höherer Anteil sei daher «unrealistisch», schreibt sie. Brisant: Die privaten Investitionen erfolgen in Form von Vorzugsaktien. Sie werden also bei der Dividendenausschüttung gegenüber dem Kanton priorisiert.

Die Rendite stehe nicht im Vordergrund, sagt der Kanton Zürich dazu. Vielmehr gehe es um die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe. Die Beteiligung des Kantons an der Kapitalerhöhung sei entscheidend für den Erfolg des Sanierungsplans, betont er.

Laut Verwaltungsrat Türler geht es auch ohne die Finanzspritze aufwärts. «Seit einigen Monaten ist die Auslastung der Schiessanlage mit monatlich steigenden Besucherzahlen sehr gut und entspricht dem Businessplan, der für die neue Kapitalisierung die Basis war», sagt er. Die Sanierung durch Kanton und Private soll nun die langfristige Entwicklung sichern.

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