Einsatz von Sozialdetektiven
Winterthur überlässt das Schnüffeln der Polizei

Winterthur hält nichts davon, mutmassliche Sozialhilfe-Betrüger durch Privatdetektive überwachen zu lassen. Stattdessen wendet sich die sechstgrösste Stadt der Schweiz an die Stadtpolizei, wenn sie einen Missbrauchsverdacht hegt. Doch haben die Gesetzeshüter genügend Ressourcen für solche Ermittlungen?
Publiziert: 11.11.2018 um 15:12 Uhr
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Aktualisiert: 14.11.2018 um 23:04 Uhr
Ein Detektiv bei einer Beobachtung. In Winterthur ZH soll die Polizei seine Arbeit übernehmen.
Foto: picture alliance / PantherMedia
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Thomas SchlittlerWirtschaftsredaktor

In zwei Wochen stimmt die Schweiz darüber ab, ob Sozialversicherungen die rechtliche Grundlage erhalten sollen, um verdächtige Klienten durch Privatdetektive observieren zu lassen. Das soll ihnen helfen, Missbräuche zu bekämpfen.

Gegner der Vorlage argumentieren, das Gesetz sei unnötig und gefährlich. Wenn ein Verdacht auf Versicherungsmissbrauch gegeben sei, könne und müsse die Polizei eingeschaltet werden – statt private Sozialdetektive anzuheuern.

Befürworter des neuen Gesetzes entgegnen, oft brauche es keine so weitgehenden Untersuchungen, wie sie die Polizei bei Strafuntersuchungen anstelle. Zudem hätten die Ordnungshüter oft nicht die nötigen Ressourcen, um mutmassliche Versicherungsbetrüger zu überwachen.

«Prinzipiell» keine Privatdetektive

Dass diese Argumente nicht verfangen, beweist der Fall Winterthur. «Die Sozialen Dienste arbeiten prinzipiell nicht mit Privatdetektiven», sagt Katharina Rüegg, Sprecherin des städtischen Sozialdepartemens. Bei begründetem Verdacht auf unrechtmässige Bezüge von Sozialhilfe erteile man der Stadtpolizei einen Abklärungsauftrag, durchschnittlich einmal im Monat.

Der Entscheid gegen den Einsatz von Detektiven sei sowohl fachlich wie auch politisch begründet, so Rüegg. «Wir halten diese Lösung für rechtsstaatlich korrekt, das Gewaltmonopol liegt bei der Polizei.» Auch sicherheitspolitisch sei das Vorgehen sinnvoll, da es in komplexen Fällen häufig nicht nur um Sozialhilfemissbrauch gehe, sondern auch um andere Vergehen. Hat die Stadtpolizei dazu genügend Ressourcen? Rüegg: «Ein Abklärungsbericht der Stadtpolizei liegt in der Regel innerhalb eines Monats vor.»

Das Beispiel Winterthur zeigt, wie es geht

Die Sozialen Dienste der Stadt Winterthur und ihre Observationsstandards werden von der Abstimmung vom 25. November nicht berührt. Beim neuen Gesetz geht es nur um die Überwachungsmöglichkeiten der Invalidenversicherung (IV), der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) sowie aller Privatversicherungen, die obligatorische Unfallversicherungen anbieten.

Die Regeln der Missbrauchs­bekämpfung in der Sozialhilfe dagegen werden kantonal und kommunal festgelegt.
Relevant ist das Beispiel Winterthur trotzdem. Denn es zeigt, dass es möglich ist, Betrügereien auf Kosten der Allgemeinheit mit der Polizei zu bekämpfen – und dass dafür nicht zwingend die Tätigkeit von privaten Ermittlern gesetzlich legitimiert und damit ausgeweitet werden muss.

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