Nicht einmal zwei Wochen ist es her, da klirrten bei den neugewählten Nationalräten die Sektgläser. Nach der Wahl dürfte es so weitergehen: Wenige Tage nach dem Wahlsonntag flattern Gratulationsschreiben und Einladungen ins Haus.
Einer, der mit Post überhäuft wird, ist Felix Wettstein (61). Der Solothurner Grüne sagt: «In den ersten zwei Wochen habe ich rund 25 Briefe erhalten, von Firmen und Verbänden, die zuvor nicht mit mir in Verbindung standen.» Meistens seien es Glückwunschschreiben, aber auch Einladungen zu Apéros und kleine Geschenke waren laut dem Neo-Nationalrat dabei.
Die Absender seien ganz unterschiedlich. «Mehrere Schreiben stammen aus dem Gesundheitswesen, zum Beispiel von Interpharma oder der Allianz Gesunde Schweiz. Aber auch von Wirtschaftsverbänden und von Medienunternehmen kamen ähnlich viele Briefe.» Dabei ist noch nicht einmal klar, in welcher Kommission Wettstein sitzen wird – und welche Gesetze er dort mitgestalten wird.
Lohnzuschlag für Pöstler
«Der Pöstler braucht nächstens dann einen Lohnzuschlag, weil er so viel zu tun hat», sagt auch Priska Wismer-Felder (49) von der CVP. Auch sie ist neugewählt. Weil in Luzern Andrea Gmür (55) in den Ständerat einzieht, rückte sie in den Nationalrat nach. «Ich habe bereits einige Einladungen zu Apéros bekommen. Dazu unzählige Gratulationsschreiben von Firmen», sagt sie.
Doch der grösste Teil könnte noch bevorstehen. «Wenn die Kommissionen verteilt sind, wird das Lobbying sicher intensiver. Aber Kontakte knüpfen gehört auch zur Parlamentsarbeit», meint Wismer.
Lobbys fürchten volle Agendas
Für Reto Wiesli, Präsident der Schweizer Public-Affairs-Gesellschaft, ist klar, warum die neuen Parlamentarier schon so früh Post bekommen: «Man muss jetzt die Veranstaltungen terminieren. Wenn man länger wartet, sind schon wieder alle Termine besetzt.» Dazu komme ein ganz praktischer Grund: «Es sind rund 60 neue Parlamentarier, da muss das Kennenlernen früh anfangen.»
Und obwohl die Parlamentarier neu sind, rechnet Wiesli damit, dass sie schnell Verantwortung übernehmen. «Sie kommen ja nicht von der Schule, sondern bringen einen politischen Erfahrungsrucksack mit.» Und in den wollen auch die Lobbys noch ein bisschen was reintun.