Basler Muslim Aziz Osmanoglu verliert in Strassburg
Seine Töchter müssen in den Schwimmunterricht

Der strenggläubige Basler Aziz Osmanoglu (41) will seine beiden Töchter nicht in den Schwimmunterricht schicken. Nach jahrelangem Rechtsstreit entschied soeben der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg. Das Urteil: Schwimmunterricht ist auch für Muslima Pflicht.
Publiziert: 10.01.2017 um 09:40 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 19:07 Uhr
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Aziz Osmanoglu von der Muslimischen Gemeinde Basel.
Foto: zvg
Nico Menzato

Der Schwimmunterricht verletzte die Religionsfreiheit gemäss Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht, so die Richter in Strassburg. Das Urteil fiel einstimmig.

Das Interesse an der Integration der beiden Kinder und damit am Besuch sämtlicher schulischer Fächer sei höher zu gewichten, als die privaten Interessen der Eltern, die eine Dispens aus religiösen Gründen gewünscht hatten, heisst es im Urteil.

Burkinis erlaubt

Gemäss Gerichtshof geht es beim Schwimmunterricht aber nicht nur um das Erlernen des Schwimmens, sondern auch um das gemeinsame Lernen im Klassenverband und damit um die soziale Komponente. Zudem sei es den Mädchen erlaubt worden, Burkinis zu tragen.

Die Eltern machten geltend, dass sie sich zu einem strengen muslimischen Glauben bekennen würden. Dieser verbiete einen gemeinsamen Schwimmunterricht von Knaben und Mädchen.

Die Strassburger Richter setzen damit einen Schlusspunkt unter einen jahrelangen Rechtsstreit. Aziz Osmanoglu (41) hat den Schweizer Pass – sollte also in der Schweiz integriert sein und die hiesige Rechtsordnung akzeptieren. Doch der gebürtige Türke verbot seit 2008 seinen damals sieben- und neunjährigen Mädchen standhaft, am schulischen Schwimmunterricht in gemischten Gruppen teilzunehmen.

Der Kanton Basel verhängte eine Busse von 1400 Franken gegen Eltern, die ihre Kinder aus religiösen Gründen nicht in den Schwimmunterricht schicken. Auch gegen die Familie Osmanoglu. Dieser rekurrierte – doch das Verwaltungsgericht stützte den Kanton. Dagegen wehrte sich Osmanoglu weiter vor Gericht – und unterlag.

Grundsatzurteil des Menschenrechts-Gerichtshof

Nachdem ihn später auch das Bundesgericht dazu verpflichtet hatte, seine Töchter in den Schwimmunterricht zu schicken, legte er Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof ein.

Noch 1993 hatte das Bundesgericht einem muslimischen Mädchen die Befreiung vom obligatorischen Schwimmunterricht zugestanden. 2008 änderte das Gericht seine Praxis und wies die Gesuche von zwei muslimischen Knaben ab. Diese hatten geltend gemacht, der Anblick der «nicht hinreichend bekleideten Mädchen» sei nicht zumutbar.

Das Bundesgericht begründete seine Praxisänderung mit den wachsenden Forderungen nach Integration. So anerkannte es zwar einen Eingriff in die Glaubensfreiheit, gewichtete aber die Integrationsaufgabe der Schule höher.

Dazu gehöre auch, die Teilnahme an den Unterrichtsfächern inklusive Sportunterricht durchzusetzen – zumal Schwimmen eine wichtige Fähigkeit sei. Dieser Praxis ist das Bundesgericht bis heute treu geblieben.

Mann braucht Sex, deshalb dürfe man seine Frau schlagen

Unabhängig vom Schwimmunterricht akzeptiert der fundamentale Muslim auch sonst die Schweizer Rechtsordnung nicht. Im SRF-Dokumentarfilm «Hinter dem Schleier», der 2010 ausgestrahlt worden ist, sagte Osmanoglu: «Der Mann braucht Sex, darum kann er seine Frau, wenn sie sich weigert, im Extremfall schlagen». Sonst gehe der Mann fremd, «das wird vom Islam nicht gewünscht.» Und weiter: die Hand abzuhacken sei eine «sinnvolle» Strafe für Diebe. 

Aufgrund dieser Aussagen wurde Osmanoglu vor Gericht gezerrt – und obsiegte. Die Richter kamen entgegen dem Antrag der Staatsanwaltschaft zum Schluss, die Aussagen des Baslers seien durch die Meinungsäusserungsfreiheit gedeckt.

Von einer Aufforderung zu Gewalt könne keine Rede sein. Denn Osmanoglu habe niemanden zur Umsetzung seiner Vorstellungen aufgefordert, sondern bloss einen Wunsch geäussert, so der Richter.

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