Laut Konsumentenschützerin Sara Stalder (48) verzettle sich die Post in vielen Gebieten. Mit der neuen «Gemischtwaren-Strategie» herrsche ein Wirrwarr. «Das hat aus meiner Sicht nichts mit Innovation zu tun, sondern mit Orientierungslosigkeit.» Stalder befürchtet auch, dass die Dienste nach Gutdünken teurer würden – etwa durch eine Extrataxe für die Bedienung am Postschalter.
Bruno Schmucki (50) von der Gewerkschaft Syndicom kritisiert den Ausbau im Niedriglohn-Bereich. «In Vietnam zum Beispiel arbeiten Leute für knapp 200 Franken im Monat für unsere Brief- und Paketpost.» Die unleserlichen Adressen wurden früher in der Schweiz entziffert, sagt er. Schmucki pocht darauf, dass der gelbe Riese seine soziale Verantwortung wahrnimmt. Es sei gut, wenn die Post dem Kunden mehr Komfort biete. Aber: «Viele Anpassungen führen dazu, dass die Poststelle vor Ort überflüssig wird.»
Das Zwischenmenschliche fällt so mehr und mehr weg. Das kritisiert auch Sylvia Flückiger-Bäni (62, SVP) vom Gewerbeverband SGV. «Trotz hoher Gewinne wird der Service public immer mehr abgebaut.» Sie ärgert sich zudem über das breite Angebot in den Poststellen. «Dieses stellt für die KMU eine riesige Konkurrenz dar.»
Economiesuisse hingegen begrüsst die Innovationsstrategie der Post. «Die Veränderungen sind auf die Liberalisierung des Marktes zurückzuführen», meint Kurt Lanz (42). «Trotzdem ist die Post ein Staatsunternehmen mit einem Monopol bei Briefen.» Sie dürfe davon nicht unfair profitieren. «Die Kontrollbehörden können gegenüber der Post etwas kritischer sein», fordert Lanz.