Der Fall von Tammy Gross löste die Diskussion um Krippen-Bürokratie aus
«Ich kämpfe weiter. Für mich und die Kinder»

Tammy’s Daycare in Zürich droht das Aus. Viele Eltern wollen helfen. Jetzt interessiert sich die Politik für den Fall.
Publiziert: 21.03.2013 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:59 Uhr
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Tammy Gross führt in Zürich einen flexiblen Babysitterdienst.
Foto: Toini Lindroos
Interview: Gabriela Battaglia

Frau Gross, BLICK und andere Medien haben sich für Ihr Daycare Center eingesetzt. Hat sich die Stadt Zürich inzwischen bei Ihnen gemeldet?
Tammy Gross:
Ich habe vom Sozialdepartement nichts gehört. Wir haben dem Vorsteher, Herrn Waser, einen Brief geschrieben. Bisher haben wir keine Antwort.

Was hatten Sie für Reaktionen?
Viele Eltern schickten Briefe und E-Mails an das Sozialdepartement. Ich erhielt auch viele Anrufe, Briefe und E-Mails von Eltern, die ihre Kinder früher zu mir brachten. Zwei Politikerinnen der FDP und GLP haben sogar eine schriftliche Anfrage bei der Stadt Zürich gemacht.

Die Stadt Zürich will Ihr Daycare Center verbürokratisieren. Wie sehen Sie die Zukunft?
Ich bin überzeugt, dass wir mit dem Sozialdepartement zusammenarbeiten können, sobald unser Konzept und die Notwendigkeit dieser Dienstleistung verstanden werden. Dann finden wir sicher einen Weg, um unser Konzept wie in den vergangenen 23 Jahren weiterzuführen.

Welche Auflagen sollen Sie denn erfüllen?
Man sagte mir ursprünglich, man wolle nur meine Unterschrift auf Dokumenten. Dann könne ich so weitermachen wie bisher. Doch dann legte man mir plötzlich ein dickes Buch voller Regeln und Vorschriften vor, die für mein Konzept wenig Sinn machen. Auch Verbote, dass man beispielsweise Kinder nicht küssen darf, sind für mich unsinnig. Eltern müssen entscheiden, ob sie das wollen oder nicht. Sagen Sie mir: Wie kann man denn sonst ein Kind beruhigen, das weint?

Falls die Behörden flexibel wären – hätten Sie einen Vorschlag?
Zentral ist für uns, dass wir so anerkannt werden, wie wir sind. Wir sind ein Babysitter-Center und keine Krippe. Tammy’s Daycare ist eine private Initiative, die erfolgreich ist. Das wollen wir bleiben. Wir haben nichts dagegen, dass das Sozialdepartement über uns regiert, solange sie uns nicht in ein völlig verschiedenes Business umwandeln wollen.

Sind Sie wütend auf die Behörden?
Nein. Ich bin nicht wütend, eher frustriert. Ich habe den Eindruck, man hört mir nicht zu.

Welche Konsequenzen hätte eine Schliessung für die Eltern?
Viele Eltern geraten regelrecht in Panik, wenn sie daran denken. Viele leben allein in Zürich. Weil es keine Alternativen gibt, kommen viele Eltern verzweifelt zu mir. Auch Ausländer, die an der Uni eine Woche an einer Vorlesung sprechen oder an der Oper singen, könnten ihre Kinder nicht mehr spontan zu mir bringen.

Was machen Sie, wenn Sie schliessen müssen?
Ich kann an so etwas nicht denken. In den letzten 23 Jahren flossen mein ganzes Herz und meine ganze Seele in den Babysitter-Dienst. Ich kämpfe weiter. Für mich und die Kinder.

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