Dauer-Hickhack im Bundesrat
Streit um Corona-Lockerungen spitzt sich zu

Bundesrat Ignazio Cassis möchte am Montag am liebsten alle Geschäfte öffnen. Der Aussenminister stösst damit nicht nur den Linken vor den Kopf.
Publiziert: 26.04.2020 um 12:36 Uhr
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Aktualisiert: 27.04.2020 um 11:28 Uhr
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Vergeblicher Sololauf: Der Aussenminister Ignazio Cassis (59, FDP) forderte eine raschere Lockerung.
Foto: BENJAMIN SOLAND
Simon Marti

Kurz vor der ordentlichen Bundesratssitzung am Mittwoch lancierte Aussenminister Ignazio Cassis (59, FDP) die Forderung, Läden und Geschäfte schon am Montag wieder zu öffnen, zwei Wochen früher als geplant. Der Antrag entspricht der immer heftigeren Kritik seiner Partei am Bundesrat.

Bislang drängte vor ­allem die SVP mit ihren Bundesräten an der ­Spitze des Finanz- und des Wirtschaftsdepartements auf eine raschere Lockerung. Wie die Tamedia-Zeitungen publik machten, stand Cassis mit seinem Ansinnen ­jedoch alleine da

Keine Schützenhilfe von rechts

Selbst die bürgerlichen Kollegen verweigerten ihm den Support. Der Grund dafür, wie zu vernehmen war: Cassis habe eine Woche zuvor keine Stellung bezogen, als über eine Öffnung von Läden, Märkten und Restaurants vor Anfang Juni verhandelt wurde.

Laut bundesratsnahen Quellen machte er sich lediglich dafür stark, dass in den Spitälern wieder nicht dringliche Eingriffe vorgenommen werden dürfen.

Entsprechend irritiert reagierten einige Bundesräte daher nun auf Cassis’ unerwartete Ak­tion von dieser Woche.

Berset gegen Lockerungen

Seit zwei Monaten agiert die Landesregierung nun im Krisenmodus – und das Notrecht-Regime zeigt Wirkung: Die Neuinfektionen gehen zurück. Mit dem Nachlassen der gesundheit­lichen Bedrohung verschärft sich nun aber die Auseinandersetzung über die wirtschaftlichen Konsequenzen.

Allmählich wird klar, wie weit die Positionen im Bundesrat auseinanderliegen: Am Dienstag sagte Alain Berset (48, SP) vor der nationalrätlichen Geschäftsprüfungskommission, er sei eigentlich gegen jegliche Lockerung. Der Gesundheitsminister verwies auf die Testserie in Genf, laut der bislang nur vier Prozent der Bevölkerung mit dem Coronavirus infiziert waren: ein Erfolg der Massnahmen, aber auch ein Hinweis auf das Risiko neuer Ansteckungen – und auf Bersets Furcht vor dem Ausbruch einer zweiten Welle.

Cassis wird nicht aufgeben

Mit dem Abflachen der Infektionskurve spitzt sich die Kritik am Balance­akt des Bundesrats zu, der gleichzeitig die Gesundheit der Bevölkerung schützen und der Wirtschaft nicht mehr als unbedingt nötig zumuten will. Ein Konflikt, der die Regierung stets aufs Neue einholt.

Eine Person aus dem Umfeld des Bundesrats berichtet, dass bereits die Diskussion über komplette Ausgangssperren einen Wendepunkt markiert habe. Dass der Bundesrat Ende März von dieser ­Ultima Ratio absah, habe ­jenen Kräften Auftrieb verschafft, die jetzt für eine zügigere Lockerung eintreten.

Cassis’ Vorpreschen ist dafür nur das neuste verunglückte Beispiel. Ein neuer Anlauf dürfte demnächst folgen.

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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