Als erster Rat hat der Nationalrat mit 98 zu 67 Stimmen bei 33 Enthaltungen den Inländervorrang light beschlossen. Mit den heutigen Schlussabstimmungen im Parlament ist die Masseneinwanderungs-Initiative der SVP umgesetzt – formal zumindest. Das Gesetz mit dem Arbeitslosenvorrang ist aber meilenweit weg von den in der Verfassung verankerten Kontingenten.
Das bewährte schweizerische Zusammenspiel von Volk, Parlament und Regierung ist aus den Fugen geraten. Denn die Parlamentsmehrheit und die Initianten der SVP bekriegen sich, statt zusammen für das Landeswohl zu kämpfen. Die direkte Demokratie ist auf dem Prüfstand. Und so kam es dazu:
- Der Bundesrat rang der EU kein Zugeständnis ab. Zudem duckte er sich die letzten drei Jahren weg, und überliess am Ende dem Parlament die Arbeit mit der Umsetzung der Initiative.
- Ein Bündnis von SP und FDP beschloss mit dem Arbeitslosenvorrang eine Umsetzung, die sich zwar peinlich genau an die Verträge mit der EU hält – aber damit den Verfassungsartikel bestenfalls zur Hälfte umsetzt.
- Die Masseneinwanderungs-Initiative und damit der Verfassungsartikel 121a hat zu viele Unklarheiten. Er sieht Verhandlungen mit der EU vor, gibt aber keine Direktive, falls diese scheitern. Der frühere SVP-Präsident Toni Brunner sagte selbst, die Initiative sehe keine Kündigung der Personenfreizügigkeit vor. Die Initianten waren in den letzten drei Jahren nie bereit, einen Kompromiss aufzuzeigen. Dabei gehört auch dies zur Kultur unserer direkten Demokratie.
Nun ist Führung gefragt und zwar von Bundesrat und Parlamentsmehrheit. Die Regierung debattiert heute einen Gegenvorschlag zur Rasa-Initiative, die eine Streichung von Artikel 121a verlangt. Der Bundesrat sollte sich für einen griffigen Gegenvorschlag aussprechen, der die bilateralen Verträge mit der EU auf ein stabiles Fundament stellt. Er muss dem Volk die Frage stellen, ob es beim Verfassungsartikel 121a die bilateralen Verträge – für die es mehrfach votiert hat – höher gewichtet und damit auf Kontingente für EU-Bürger verzichtet.
Zu Recht wollen Bundesrat und Parlament den bilateralen Weg mit der EU weiterführen. Denn die Schweiz ist damit in den letzten Jahren gut gefahren. Doch viele Politiker und Wirtschaftsvertreter wollen weiterwursteln statt Haltung zeigen. Sie haben Angst vor einer Abstimmung über die bilateralen Verträge, Angst vor dem Volk. Sie wollen es bei der harmlosen Umsetzung belassen und den Verfassungsartikel 121a am liebsten vergessen.
So geht es nicht. Es braucht nun Debatte und Engagement. Massgeschneiderte Verträge mit der EU haben viele Vorteile. Wer daran glaubt und sich dafür einsetzt, hat auch die Kraft, die Mehrheit des Volkes hinter sich zu bringen.