Das bizarre Schweizermacher-Protokoll von Buchs AG
Sogar SVP-Nationalrätin Natalie Rickli findets «total absurd»

Ein Gesprächsprotokoll zeigt, mit welch sonderbaren Fragen die Gemeinde Buchs herausfinden wollte, ob Funda Yilmaz (25) den roten Pass verdient hat oder nicht. Sogar unter SVP-Politikern ist der Entscheid nicht unbestritten.
Publiziert: 14.07.2017 um 20:03 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 18:19 Uhr
Buchs AG wollte Funda Yilmaz (25) nicht einbürgern.
Foto: Screenshot
Lea Hartmann und Cinzia Venafro

«Waren Sie nie an der 1.-August-Feier?» – «Wie heissen die Kinos in Aarau?» – «Was kennen Sie für Alpen?» – «Ihr Verlobter, wohnt er noch bei den Eltern?» 

Mit diesen und 88 weiteren Fragen hat die Einbürgerungskommission in Buchs AG Funda Yilmaz (25) gelöchert (BLICK berichtete). Die Türkin hatte bei der Gemeinde ein Einbürgerungsgesuch gestellt – und blitzte ab. Sie erfülle die «Voraussetzungen der erfolgreichen Integration» nicht, so das harte Urteil der Kommission.

Funda Yilmaz ist in der Schweiz geboren, in der Region Aarau aufgewachsen. Sie hat die Schule abgeschlossen, einen festen Job. Im nächsten Jahr will sie ihrem Verlobten das Jawort geben. Doch weil ihre Freunde nicht in Buchs, sondern im benachbarten Aarau leben, sie sich nicht sonderlich für Politik interessiert und zu wenig über die Abfallentsorgung weiss, darf sie nicht Schweizerin werden. 

«Wirklich total absurd»

SVP-Nationalrätin Natalie Rickli.
Foto: Sabine Wunderlin

Ein Entscheid, der für Kopfschütteln sorgt – sogar bei Exponenten der SVP. «Wirklich total absurd», meint die Zürcher Nationalrätin Natalie Rickli. Personen, die kaum Deutsch sprechen und nicht integriert seien, würden den Pass erhalten, enerviert sie sich auf Facebook. «Dort sollten wir Nein sagen und nicht bei Personen wie Funda Yilmaz!»

Und sogar der Aargauer Hardliner Andreas Glarner räumt ein: «Funda Yilmaz hat das Recht, Schweizerin zu werden. Ich habe sie persönlich erlebt und einen sehr guten Eindruck von ihr erhalten.» Sie müsse nun «einfach noch etwas büffeln», meint er. «Dann besteht sie diesen Test sicherlich.»

Dieser Überzeugung ist auch Thomas Burgherr, Nationalrat und Präsident der SVP Aargau. «Wenn sie es noch einmal probiert, kommt sie sicher durch», sagt er. Der Entscheid der Einbürgerungskommission sei «bestimmt an einem dünnen Faden gehangen», Ausschlag gegeben habe am Schluss wohl das geringe Wissen über die Gemeinde.

Yilmaz gibt nicht auf

Doch kann man das von einer jungen Frau, deren Leben sich heute wie das vieler junger Erwachsener nicht primär im Dorf abspielt, wirklich erwarten? Burgherr wägt ab. «Ich habe zwei Kinder in ähnlichem Alter. Sie hätten wohl schon ein bisschen mehr gewusst.»

Funda Yilmaz jedenfalls gibt nicht auf. Nachdem der Einwohnerrat auf Anraten der Einbürgerungskommission beschlossen hatte, ihr die Einbürgerung zu verweigern, legte die Türkin nun beim Aargauer Regierungsrat Rekurs ein.

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