CVP-Candinas will Gesetz gegen Zweitwohnungen aufweichen
Arme Gemeinden sollen einfacher bauen dürfen

2012 verbuchte Umweltschützerin Vera Weber mit der Zweitwohnungs-Initiative einen Riesenerfolg. Für die Umsetzung wurde ein Kompromiss gezimmert. Doch jetzt verlangt CVP-Nationalrat Martin Candinas gewisse Lockerungen – und Weber zeigt sich bereits kampfbereit.
Publiziert: 13.05.2019 um 23:19 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:07 Uhr
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Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff.
Foto: KEY
Ruedi Studer

Jetzt geht der Zweitwohnungs-Zoff wieder los! Der Bündner CVP-Nationalrat Martin Candinas (38) hat eine Motion eingereicht, die auf eine Lockerung des Zweitwohnungsgesetzes zielt. Dieses kommt in Gemeinden mit über 20 Prozent Zweitwohnungen zum Zug.

«Die negativen Auswirkungen des Gesetzes müssen abgeschwächt werden», sagt Candinas zu BLICK. Besonders strukturschwache Bergregionen seien von den Einschränkungen betroffen – viele auch indirekt. «Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass das Gesetz die Nutzung bereits bestehender Liegenschaften übermässig einschränkt.»

Candinas sieht alte Bausubstanz in Gefahr

So darf in altrechtlichen Bauten bei einer Sanierung die Hauptnutzfläche zwar um 30 Prozent erweitert werden, aber nur, wenn keine zusätzlichen Wohnungen geschaffen werden. «Das eine soll das andere aber nicht ausschliessen», findet Candinas. «Ohne Investitionen zerfällt die Bausubstanz.»

Ein weiteres Problem ortet er in strukturschwachen Gemeinden, die von Abwanderung betroffen sind. «Dort führt das Zweitwohnungsgesetz quasi zu einem Erstwohnungsverbot», so Candinas. Grund: «Ohne die Option, die Erstwohnung später allenfalls in eine Zweitwohnung umwandeln zu können, klemmen die Banken bei der Kreditvergabe. Das ist ein Teufelskreis.»

Er verlangt deshalb vom Bundesrat, dass er in seiner für 2020 vorgesehenen Evaluation konkrete Revisionsvorschläge auf den Tisch legt. Dabei weiss er den schweizerischen Gemeindeverband hinter sich. Auch prominente Ratskollegen wie GLP-Präsident Jürg Grossen (49, BE) oder SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (49, GR) haben den Vorstoss unterzeichnet.

Vera Weber zeigt sich kampfbereit

Bei Umweltschützerin Vera Weber (44), Präsidentin der Fondation Franz Weber, stösst die Motion hingegen auf Kopfschütteln. «Dieser Vorstoss ist eher als Wahlkampfinstrument denn als ernster Diskussionsbeitrag zu verstehen», sagt sie. Die geplante Evaluation werde alle Auswirkungen erfassen. Dabei werde auch ein Thema sein, «dass sich die Nachfrage nach Zweitwohnungen auch unabhängig von der Initiative abgekühlt hat».

Die von Candinas angeregten Lockerungen für strukturschwache Regionen lehnt sie ab. Eine einheitliche Regelung mache Sinn, so Weber: «Damit soll verhindert werden, dass sich der Druck zum Bau von Zweitwohnungen einfach in andere Gemeinden verlagert.»

Sollte Bundesbern das Zweitwohnungsgesetz tatsächlich aufweichen, zeigt sich Weber kampfbereit: «Eine Durchlöcherung des Schutzniveaus würden wir vehement bekämpfen.» 

Weber: Mehr «Biss» beim Vollzug

In einem Punkt erhält Candinas aber Support: So fordert dieser mehr Fördergelder für die strukturschwachen Regionen. «Eine ökologische und sozial nachhaltige Entwicklung des Berggebiets ist zu begrüssen», sagt Weber dazu.

Doch auch sie sieht Handlungsbedarf – allerdings bei der Anwendung der geltenden Regeln. «Ein Gesetz ist nur so gut wie sein Vollzug! Und da sehen wir den grössten Schwachpunkt», so Weber. «Da fordern wir Bund, Kantone und Gemeinde auf, darauf zu achten, dass das Gesetz richtig umgesetzt wird. Die kantonale Aufsichtsbehörde muss endlich Biss zeigen.»

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