Das Coronavirus bringt auch die direkte Demokratie durcheinander. Die Volksabstimmung vom 17. Mai hat der Bundesrat längst abgesagt, zahlreiche kantonale Abstimmungen wurden ebenso sistiert.
Und dem Versammlungsverbot fielen reihenweise Gemeindeversammlungen zum Opfer. Statt am Treffen in der Turnhalle wird vielerorts nun an der Urne über wichtige Geschäfte entschieden.
Für unaufschiebbare Geschäfte
So nun auch im Kanton Graubünden. Die Bündner Regierung hat wegen der Corona-Krise die Gemeinden per Notverordnung ermächtigt, für unaufschiebbare Geschäfte Urnenabstimmungen statt Gemeindeversammlungen durchzuführen. Das Gleiche gilt für Bürgergemeinden, Regionen oder Gemeindeverbände.
Es sei noch unabsehbar, wann das Versammlungsverbot gelockert werde, so Thomas Kollegger (51), Leiter des Amts für Gemeinden. «Wir gehen nun auf Nummer sicher.» Viele Gemeinden hätten bisher keine Urnenabstimmung gekannt. «Für wichtige, unaufschiebbare Geschäfte haben wir diese Möglichkeit nun geschaffen.»
Dazu gehörten etwa Wahlen, damit die Behörden handlungsfähig bleiben würden. Oder gewisse Verpflichtungskredite. Man könne aber nicht jedes Geschäft an die Urne bringen.
In St. Gallen gab es schon Not-Abstimmungen
Andere Kantone kennen solche Notverordnungen bereits, etwa der Kanton St. Gallen, in welchem zwei Drittel der Gemeinden bereits Urnenabstimmungen durchgeführt haben – etwa um die Rechnung und Budget zu genehmigen.
Auch die Gemeinde Muolen SG hat ihre Stimmbürger vergangenen Sonntag an die Urne gerufen. Allerdings sei die Vorbereitungsphase «hektisch» gewesen, da die Abstimmung in kurzer Zeit habe organisiert werden müssen, so CVP-Gemeindepräsident Bernhard Keller (42).
Obwohl die Stimmbeteiligung an der Urne grösser war als an Gemeindeversammlungen, möchte Keller auf letztere aber nicht verzichten. Denn da werde der den Leuten Puls gefühlt, diskutiert und gestritten. Keller: «Die Bürgerversammlung ist für mich das Highlight des Jahres.» (rus)