Christoph Blochers Schwiegersohn macht Stimmung gegen Ausländer – mit zweifelhaften Fakten
Die bizarre Welt des Roberto Martullo

Roberto Martullo (53) will in die Politik und geht dabei aufs Ganze. Er zeichnet ein düsteres Bild der Schweiz, jedoch basiert dieses Bild auf zweifelhaften Fakten. So erhofft er sich einen Sitz im Kantonsrat.
Publiziert: 01.04.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 18:57 Uhr
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Roberto Martullo mit Ehefrau Magdalena Martullo-Blocher.
Foto: Goran Basic
Von Christoph Lenz

Egal, was sie tun, sie haben Erfolg – das zeichnet die Mitglieder der Blocher-Familiendynastie aus.

Alle? Nicht ganz. Einer wartet noch auf seine grosse Stunde. Roberto Martullo (53), Ehemann von Ems-Chefin Magdalena Martullo-Blocher (45). Schon zweimal kandidierte Christoph Blochers Schwiegersohn in Meilen ZH für die Schulpflege – vergeblich. Auch bei den Kantonsratswahlen 2011 ging SVP-Mitglied Martullo leer aus. Nun wagt er bei den Zürcher Wahlen vom 12. April einen neuen Anlauf. Damit es endlich klappt, geht Martullo aufs Ganze. Werbemässig, aber auch inhaltlich. Auf seiner Website zeichnet der Unternehmer ein äusserst düsteres Zukunftsszenario für die Schweiz: Hohe Steuern, zubetonierte Landschaften, drückende Gesundheitskosten. Der vor rund zehn Jahren eingebürgerte Martullo kennt auch die Ursachen dieser Misere. Nämlich: die «ungezügelte Einwanderung». Mit seinen Behauptungen zielt Martullo aber oft an der Realität vorbei. Öfter, als man es sich von Politikern gewohnt ist. Und mitunter auf sehr bizarre Weise, wie diese Beispiele zeigen:

Das schrieb Martullo: «Bereits sind 50 Prozent aller Neugeborenen ausländischer Abstammung.»

Die Fakten: Das Bundesamt für Statistik erhebt jedes Jahr die Nationalität der rund 82 000 Neugeborenen. Seit Beginn der Statistik kommt die klare Mehrheit der Babys mit dem roten Pass zur Welt. 2011 waren gut 73 Prozent Schweizer Bürger, 2013 knapp 72 Prozent.

Das schrieb Martullo: «100 000 neue Zuwanderer pro Jahr heisst in der Regel auch 100 000 neue Autos, die auf unseren Strassen fahren.»

Die Fakten: Auch Ausländer sind auf Personenwagen angewiesen, doch es bringt längst nicht jeder Zuwanderer ein Auto mit. 2013 wuchs die Zahl der registrierten Personenwagen um 66 160. Dies bei 193 302 Zuwanderern und einem Wanderungssaldo von über 87 000. Schuld am Mehrverkehr auf den Strassen sind auch Faktoren wie Konjunktur, Mobilitätsbedürfnisse und Rohstoffpreise.

Das schrieb Martullo: «80 Prozent der Spitalpatienten sind ausländischer Herkunft, deshalb explodieren unsere Gesundheitskosten und die Krankenkassenprämien steigen jedes Jahr um fünf bis zehn Prozent.»

Die Fakten: Tatsächlich steigen die Krankenkassenprämien stark. Doch von einem Sturm der Ausländer auf unsere Spitäler kann nicht die Rede sein. Gemäss Bundesamt für Statistik waren 2013 79,37 Prozent der stationären Patienten in Spitälern Schweizer Bürger.

BLICK hat Roberto Martullo letzte Woche auf seine unbelegten Behauptungen angesprochen. Der SVP-Politiker wollte sich zunächst nicht äussern – korrigierte aber mehrere Aussagen auf seiner Webseite.

Ein Eingeständnis von Fehlern? Nein. Auf erneute Anfrage hält Martullo fest, seine Äusserungen seien nicht faktenwidrig. Vielmehr verwende BLICK bewusst alte Statistiken. Zudem stünden die Aussagen unter dem Titel «Das erwartet uns in Zukunft». Für Martullo heisst das: «Alle Zahlen können jetzt oder in Zukunft eintreffen.»

Beobachter beurteilen Martullos Wahlchancen am 12. April als intakt. Nicht zuletzt, weil er für die offizielle Wahlliste erstmals auch seinen Allianznamen verwendet. Er heisst jetzt Roberto Martullo-Blocher. Vielleicht ist ja das der Schlüssel zum ersehnten Erfolg.

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