Christoph Blocher über seine Reisen in Diktaturen
«Meine Frau musste einen Tschador tragen»

Alt SVP-Bundesrat Christoph Blocher liebt aussergewöhnliche Reisedestinationen. Allerdings fotografiert er auf seinen Reisen nicht mehr und er wählt gerne Wege «abseits offizieller Routen».
Publiziert: 03.03.2015 um 17:32 Uhr
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Aktualisiert: 09.09.2018 um 17:42 Uhr
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Mit Tschador im Iran: Christoph Blocher mit seiner Silvia (M.) und Tochter Rahel.
Foto: Privatarchiv Blocher

DDR, China, Usbekistan, Iran, Südafrika, Nordkorea – das sind nur einige von Christoph Blochers Reisedestinationen. Der alt Bundesrat der SVP sucht sich immer wieder aussergewöhnliche Zielländer aus. Badeferien in Spanien oder Griechenland sind nicht seine Sache. Dieses Jahr stehen vielmehr die afrikanischen Länder Äthiopien und Eritrea auf dem Reiseprogramm (Blick.ch berichtete).

In einem Interview mit der «Basler Zeitung» erzählt Blocher nun breit von seinen Reiseerfahrungen. «Mich interessieren politisch und gesellschaftlich unbekannte Länder», erklärt der SVP-Politiker.

Blocher fotografiert nicht mehr

In den Ferien ist seine Frau Silvia fürs Fotografieren zuständig. Blocher selbst legt auf solche Ferienerinnerungen weniger grossen Wert. Er fotografiere nicht mehr, so Blocher, denn: «Ich will nicht ein Fotosujet, sondern die Welt, das Leben. Die Welt kann ich viel offener anschauen, wenn ich nicht fotografiere.»

Fotografiere man, fehle einem die Zeit für einen Gesamteindruck. «Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich viel mehr nach Hause trage, wenn ich nicht fotografiere.»

Schreckliche Bilder in Nordkorea

Blocher geniesst es, «abseits offizieller Routen» unterwegs zu sein. Dabei bekommt er auch Dinge zu Gesicht, die er – zum Beispiel in Nordkorea – nicht zu Gesicht bekommen sollte. So erzählt er etwa, wie er Nordkoreaner bei der Reisernte beobachten konnte.

«Ich sah Sekretärinnen, die früh­morgens in Gummistiefeln und mit Sicheln ins Reisfeld marschieren mussten, um bei der Ernte zu helfen. Alle helfen – aber die meisten sind Laien und darum geht viel Reis verloren», so Blocher.

Und er ergänzt seine Schilderungen mit einer schrecklichen Erinnerung: «Nordkorea wäre eigentlich eine Getreidekammer, aber jährlich sterben 30 000 Menschen an Hunger. Ich sah bei meiner Reise im Jahr 2009 hungrige Frauen mit kleinen Kindern auf dem Rücken, die auf den bereits abgeernteten Feldern – nicht etwa Ähren – sondern einzelne Reiskörner suchten! Schmerzlich anzusehen!»

Was passiert mit Dienstverweigerern?

Was sein nächstes Reiseziel betrifft, mache er sich keine grosse Vorstellungen, so Blocher. «Ich reise einfach hin und schaue.» Dabei ist gerade Eritrea in der Schweiz in aller Munde, da viele eritreische Dienstverweigerer in der Schweiz um Asyl suchen. Er gehe zwar nicht wegen dieser Thematik nach Eritrea, erklärt Blocher. Doch er sagt: «Ich werde auf jeden Fall fragen, was mit den Leuten passiert, die den Dienst verweigern, ob sie gefoltert werden.»

Blocher gibt auch Verhaltenstipps für seine besonderen Destinationen: «Der Grundsatz ist immer: bescheiden auftreten. Das gilt überall.» Politisch habe er sich aber nie angepasst, betont er. Aber: «Heikle Themen sollte man umgehen.»

Blocher nimmt Calmy-Rey in Schutz

Und er nimmt alt Bundesrätin Micheline Calmy-Rey in Schutz, die bei ihrem Iran-Besuch 2008 beim Empfang durch den damaligen Präsidenten Ahmadinejad ein Kopftuch trug. «Das musste sie doch! Entscheidend sind die Sitten und Gebräuche im Gastland», so Blocher.

Auch seine Frau Silvia musste 2014 beim Iran-Besuch ein Kopftuch tragen. Das sei Vorschrift – und auch die Kleider der Frauen ­müssten über die Knie gehen. «Meine Frau hatte aber Mühe mit den Kleidervorschriften. An manchen Örtlichkeiten musste sie gar einen Tschador tragen.» (rus)

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