CEO Jaisli fordert mehr Verantwortung
Stellt endlich Flüchtlinge ein!

Die meisten Flüchtlinge beziehen Sozialhilfe – auch nach Jahren in der Schweiz. Eine Firmenchefin verlangt jetzt mehr Engagement von den Arbeitgebern. «Das ist eine soziale Pflicht.»
Publiziert: 04.02.2016 um 10:21 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2018 um 23:10 Uhr
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Eva Jaisli ist CEO des Werkzeugherstellers Swiss Tools.
Foto: Blick
Nico Menzato und Joël Widmer

48 Prozent der anerkannten Flüchtlinge sind zehn Jahre nach der Einreise in die Schweiz erwerbstätig. Bei den vorläufig Aufgenommenen ist es jeder vierte. In den ersten drei Jahren in der neuen Heimat findet gar nur einer von fünf anerkannten Flüchtlingen einen Job. Diese Zahlen nannte Walter Leimgruber, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Migrationsfragen, kürzlich in einem Referat.

Viel zu wenig, findet Simonetta Sommaruga. Und will Hürden abbauen. So sollen Arbeitgeber keine Bewilligung mehr benötigen, um Flüchtlinge anzustellen. Und diese sollen nicht mehr wie bislang 10 Prozent des Lohns abgeben müssen. «Es ist doch absurd! Unsere Unternehmen rekrutieren jedes Jahr Zehntausende Arbeitskräfte im Ausland, während wir Tausende Flüchtlinge in der Schweiz haben, die Arbeit suchen», so die SP-Justizministerin.

Theoretisch können Firmen einfach Flüchtlinge einstellen. Ein striktes Arbeitsverbot gibt es für Asylbewerber nur in den ersten drei Monaten. Anerkannte Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommene dürfen beschäftigt werden.

Einige wenige Firmen tun dies seit Jahren. Etwa der Werkzeughersteller Swiss Tools in Wasen im Berner Emmental. Unter den 150 Mitarbeitern sind zwölf tamilische Flüchtlinge. «Wir haben sie Anfang der 90er-Jahre eingestellt – und jetzt arbeiten bereits Kinder von ihnen bei uns», sagt CEO Eva Jaisli.

Die Unternehmen hätten keine andere Wahl: «Wir müssen Verantwortung übernehmen und bei der Integration von Flüchtlingen, die in der Schweiz bleiben dürfen, mithelfen. Das ist eine soziale Pflicht», so Jaisli. Ihren Berufskollegen rät sie, das Experiment zu wagen – und einen Effort zu leisten. Am Anfang brauche dies viel Geduld, die interkulturelle Kommunikation sei schwierig. Doch der Aufwand lohne sich, so Jaisli. Die Mitarbeitenden seien sehr loyal und eine Bereicherung.

Lippenbekenntnisse gibt es von vielen Unternehmen: Laut einer Umfrage der «SonntagsZeitung» von Anfang Jahr ist jedes dritte Schweizer Grossunternehmen grundsätzlich bereit, temporär Flüchtlingen Arbeit anzubieten.

Ikea kündigte letzten Herbst an, Flüchtlinge zu engagieren. Was ist daraus geworden? Man wolle im ersten Halbjahr 2016 in allen Filialen mit zwei Praktikumsstellen für Flüchtlinge starten. Die Praktika würden sechs Monate dauern, so Ikea-Sprecher Aurel Hosennen.

Auch der Bund versucht die Integration voranzutreiben – und will Flüchtlinge im Gesundheitswesen und der Landwirtschaft einsetzen. So startet im Frühling ein Projekt, das Flüchtlingen mit fachspezifischen Sprachkursen den Einstieg in Pflegeberufe vereinfachen soll. Und mit dem Bauernverband laufen Bestrebungen, vermehrt Flüchtlinge zu beschäftigen – bislang mit mässigem Erfolg.

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