Bundesratskandidat Thomas Aeschi über Kiffen, Blocher und Spiess-Hegglin
«Natürlich habe ich inhaliert»

Er will für die SVP in den Bundesrat: der Zuger Nationalrat Thomas Aeschi. Warum er findet, er sei dafür der richtige Mann, erklärt er im Interview.
Publiziert: 29.11.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.10.2018 um 19:39 Uhr
Nach vier Jahren im Parlament setzt Aeschi zum Sprung in die Landesregierung an.
Foto: Marco Zanoni
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Interview: Simon Marti und Matthias Halbeis; Fotos: Marco Zanoni

SonntagsBlick: Warum soll das Parlament ausgerechnet Sie zum Bundesrat wählen, Herr Aeschi?
Thomas Aeschi:
Weil ich die Erfahrungen mitbringe, die es für dieses Amt braucht. Als Unternehmensberater bin ich es gewohnt, mich rasch in komplexe Sachverhalte einzuarbeiten und Lösungen zu finden.

Wie steht es um Ihre Führungserfahrung?
Ich habe im Militär geführt. Und beruflich als Berater für grosse, weltweit tätige Unternehmen Führungs­erfahrung sammeln können. Ich bin nur knapp drei Jahre jünger als Alain Berset, der mit 39 in den Bundesrat gewählt wurde. Das traue ich mir – mit dem nötigen Respekt – auch zu.

Welche Bedeutung hat Christoph Blocher für Ihre politische Karriere?
Am Anfang stand keine Person, sondern die EWR-Abstimmung 1992. Ich spürte als Teenager, dass es hier um unsere Unabhängigkeit ging. Dieses Gefühl hat mich politisiert. Christoph Blocher war dann aber zu Beginn meiner Tätigkeit im Nationalrat einer, der mir viel beigebracht hat.

Würden Sie ihn auch als Bundesrat konsultieren?
Als Bundesrat ist man in einem regen Kontakt mit der Partei und der Fraktion, das gehört zum Amt. Und als Vizepräsident der SVP gehört Christoph Blocher auch dazu.

Wann genau haben Sie sich entschieden, in die Politik zu gehen?
Nach dem Studium arbei­tete ich für die Credit Suisse. Da stellte ich mir die Frage: Will ich diese Arbeit ein Leben lang ausüben? Das wollte ich nicht. Es zog mich in die Politik. Deshalb ging ich nach Harvard, um ein Nachdiplomstudium in Public Administration zu machen.

Und in die SVP?
Da war ich schon Parteimitglied. 2007 schrieb ich Toni Brunner ein E-Mail und fragte ihn, wie ich mich einbringen könnte.

Dem Parteipräsidenten persönlich.
Ja. Er riet mir, auf der internationalen Liste der SVP des Kantons Zürich zu kandidieren. Das machte ich – und bin mit 769 Stimmen grandios gescheitert (lacht). Mir wurde klar: Jetzt ist Knochenarbeit gefragt. Und ich bin in die Schweiz zurückgekehrt.

Stimmt es, dass 2011 der Zuger Unternehmer Adrian Risi Ihren erfolgreichen Nationalrats-Wahlkampf mit 100'000 Franken unterstützt hat?
Er hat mich nebst anderen unterstützt, aber nicht in diesem Umfang.

Mit Ihrer Ausbildung wären Sie im Finanzdepartement wohl am besten aufgehoben. Was würden Sie anders machen als Eve­line Widmer-Schlumpf?
Die Schweiz befindet sich in einer neuen Situation. Die Einnahmen wachsen nicht mehr gleich stark wie früher. Die Unternehmenssteuerreform III wird zu weiteren Ausfällen führen. Wir müssen Abstriche machen.

Wo würden Sie sparen?
Sicher nicht weiter beim Militär und nicht bei der Landwirtschaft. Welche Posten sind in den letzten Jahren am meisten gewachsen? Die Verwaltung, die Sozial- und Kulturausgaben und die Entwicklungshilfe. Dort würde ich an­setzen.

Sie sind ein Marktradikaler, bei den Bauern machen Sie klassische SVP-Klientelpolitik …
Nein. Im Bauernstand liegen unsere Tradition und unsere Heimat. Wir müssen vor allem aufpassen, dass wir mit der grossen Zuwanderung in die Schweiz es nicht weiter zulassen, dass Leute direkt in unseren Sozialsystemen landen, ohne je etwas dazu beigetragen zu haben.

Wen meinen Sie?
Die Ausgaben im Sozialbereich sind in den letzten 25 Jahren massiv gewachsen. Leute kommen in die Schweiz, arbeiten ein halbes Jahr, um dann schon von der Arbeitslosenkasse zu profitieren. Dasselbe gilt für die Asylsuchenden, da spricht auch niemand von langfristigen jährlichen Kosten.

Die Zuwanderung ist doch nicht hauptursächlich für das Ausgabenwachstum in diesem Sektor verantwortlich!
Sie ist ein Faktor. Und den sollten wir angehen.

Bleiben wir bei der Zuwanderung. Wie soll die Masseneinwanderungs-Initiative umgesetzt werden? Und was hat Vorrang: die Initiative oder die bilateralen Verträge?
Die Initiative gilt es umzusetzen. Ich bin überzeugt, dass die EU die bilateralen Verträge trotzdem nicht kündigen wird. Sie sind auch für Brüssel zu wichtig.

Soll man die Reduktion der Zuwanderung über Kontingente oder eher über eine Schutzklausel, wobei die Kontingente erst bei Erreichen eines Schwellenwertes greifen, erreichen?
Das Ziel der Initiative ist es, die Zuwanderung signifikant zu senken. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Schutzklausel wird von einigen Organisationen gerade hochgelobt …

Das sind immerhin Economiesuisse und Arbeitgeberverband.
Wir haben Economiesuisse mehrfach vergeblich gebeten, konkret zu werden: Wie soll diese Schutzklausel in der Praxis aussehen? Das Parlament wird ein Gesetz beschliessen, da können wir nicht über ein Phantomkonzept Schutzklausel diskutieren. Wir müssten wissen, wie stark wir die Zuwanderung damit senken.

Kommen wir zu anderen Themen: Warum verteidigen Sie staatliche Regeln bei den Ladenöffnungszeiten?
Ich kenne die 24-Stunden-Gesellschaft aus Amerika. Das geht mir zu weit. Rund um die Uhr einkaufen passt einfach nicht hierher.

Wie liberal sind Sie in gesellschaftlichen Fragen? Sind Sie für die gleichgeschlechtliche Ehe und die Legalisierung von Cannabis?
Ich lehne beides ab. Einerseits haben wir die eingetragene Partnerschaft, andererseits sollten wir keine Liberalisierung von Drogen anstreben.

Haben Sie schon mal Cannabis probiert?
Ja, eine Jugendsünde.

Geraucht und inhaliert?
Natürlich inhaliert. Ich mochte es aber nicht.

Vor kurzem ging Ihre Beziehung in die Brüche. Lag es an der Politik?
Dazu sage ich nichts. Das ist privat.

Anders gefragt: Bleibt bei einem solchen Pensum überhaupt Zeit für eine Beziehung?
Selbstverständlich. Das ist eine Sache der Einstellung.

Sie sind Katholik. Sind Sie zufrieden mit Ihrer Kirche?
Ich bin von der heutigen Führung der katholischen Kirche in der Schweiz enttäuscht. Sie lebt an ihren Mitgliedern vorbei. Die Landeskirchen müssen sich wieder stärker an den Bedürfnissen der Menschen orientieren.

Sie stammen aus einer CVP-Familie. Gibt es manchmal Streit am Esstisch?
Nein, bei uns geht es friedlich zu. Aber die Zuger CVP rückt schrittweise nach links. Gerhard Pfister ist wohl eines der letzten Exemplare der alten CVP. Wer heute als Junger die gleichen politischen Einstellungen hat, geht zur SVP.

Im Wahlkampf machten Sie sich in einem SVP-Spot über Frau Spiess-Hegglin lustig. Würden Sie das heute wieder tun?
Ja. Von den falschen Beschuldigungen und dem Vorwurf von K.-o.-Tropfen blieb im Rahmen der Strafuntersuchung nichts übrig.

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