Bislang ist es nicht gelungen, den Algerier Moumen Z. (29) auszuschaffen. Trotz 13 Vorstrafen und vier abgelehnten Asylgesuchen (BLICK berichtete). Und dies, obwohl das Gesetz zur SVP-Ausschaffungs-Initiative – angenommen 2010 – seit dem 1. Oktober 2016 in Kraft ist. Seither müssen Ausländer bei schwerwiegenden Delikten ohne Wenn und Aber des Landes verwiesen werden: etwa bei Mord, Sexualstraftaten und schweren Verbrechen gegen das Vermögen. Bei anderen groben Delikten können die Richter je nach Einzelfall eine Ausschaffung aussprechen.
Ob ein Landesverweis jedoch tatsächlich vollzogen wird – dafür sind die kantonalen Behörden verantwortlich. Und diese nutzen ihre Möglichkeiten sehr unterschiedlich, wie erste Zahlen zeigen.
Knallharter Bundesratskandidat
Genf etwa setzt die SVP-Initiative konsequent um. Von Oktober 2016 bis Juli 2017 wurden 141 Ausschaffungen angeordnet. 69 wurden im selben Zeitraum bereits vollzogen. Bis Ende Jahr dürften 250 Ausschaffungen angeordnet werden, schätzt das kantonale Sicherheitsdepartement.
Die Härte des neuen Gesetzes spüren straffällige Albaner stark. Bei 46 Personen wurde eine Ausschaffung angeordnet. Gefolgt von den Rumänen mit 22 Fällen und den Algeriern mit 19 Fällen.
Pikant: Verantwortlich für diese konsequente Law-and-Order-Politik ist nicht etwa ein SVP-Hardliner, sondern der Genfer FDP-Sicherheitsdirektor und Bundesratskandidat Pierre Maudet (39). Er hat in seinem Departement vier neue Stellen dafür geschaffen.
Schweizweit grosse Unterschiede
Andere Behörden sind weitaus zurückhaltender. BLICK hat alle Kantone nach den aktuellsten Ausschaffungszahlen seit Oktober 2016 angefragt. Etwas mehr als ein Dutzend aller Stände hat innert einer Woche Zahlen geliefert.
Im Kanton Aargau etwa sind unter dem neuen Gesetz 28 Ausschaffungen rechtskräftig, elf davon wurden vollzogen. Ähnlich präsentiert sich die Zahl rechtskräftiger Urteile in St. Gallen: 31 Ausländer müssen das Land verlassen. Der Kanton Basel-Stadt ist leicht konsequenter. Dort sind unter dem neuen Gesetz 43 Landesverweisungen zum Vollzug gemeldet. Deutlich weniger rechtskräftige Ausschaffungen verzeichnen die Kantone Bern (2) und Thurgau (4).
Die Behörden des Kantons Zürich besitzen noch keine Statistiken unter dem neuen Regime. Entsprechende Erhebungen würden demnächst vorgenommen, heisst es auf Anfrage. Auch der Kanton Waadt als weiterer Grosskanton konnte dem BLICK keine Zahlen vorlegen – auch keine provisorischen.
«Eine Frage des Willens»
FDP-Bundesratsanwärter Pierre Maudet ist also der vorläufige Ausschaffungs-König. Er unternimmt alles, damit das Gesetz nicht toter Buchstabe bleibt. Und er zeigte sich schon zuvor durchaus kreativ.
Etwa beim Problemland Algerien, das keine Sonderflüge akzeptiert. Um Kriminelle trotzdem dorthin zurückzuschaffen, hatte Maudet ein Abkommen mit einer Fluggesellschaft ausgehandelt. Ein Teil des Linienflugs sei jeweils für die Ausschaffungshäftlinge reserviert gewesen, im anderen Teil sassen Touristen, erzählt der Genfer Regierungsrat. Das Abkommen ist seit Anfang Jahr nun allerdings passé.
Auch bei anderen wenig kooperativen Staaten hat Maudet Wege gesucht, Ausschaffungen doch zu vollziehen. So seien ab 2015 etwa einige Marokkaner auch schon mit dem Flugzeug nach Frankreich und von dort per Schiff ins nordafrikanische Land gebracht worden. Maudet: «Es ist eine Frage des Willens!»