Impf-Einsatz der Armee abgelehnt
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Kantone blitzen bei Amherd ab:Impf-Einsatz der Armee abgelehnt

Bundesrat folgt nicht dem Beispiel Israels
Impf-Einsatz der Armee abgelehnt

Die welschen Kantone und das Tessin haben beim Bund um die Hilfe der Armee bei der Impfaktion gebeten. Doch sie blitzten ab. Die strengen Kriterien für einen Einsatz seien nicht erfüllt, finden Armeechefin Viola Amherd und Gesundheitsminister Alain Berset.
Publiziert: 04.01.2021 um 15:11 Uhr
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Aktualisiert: 04.01.2021 um 17:59 Uhr
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Die Westschweizer Kantone hofften beim Impfen auf Unterstützung der Armee. Das sagte die Waadtländer Gesundheitsdirektorin Rebecca Ruiz.
Foto: Keystone
Lea Hartmann

Die Westschweizer Kantone und das Tessin sind nach wie vor besonders schwer von der Corona-Pandemie betroffen. Ausser in Freiburg wird die Reproduktionszahl derzeit in allen lateinischen Kantonen wieder über dem kritischen Wert von 1 geschätzt. Umso wichtiger ist in diesen Regionen deshalb, dass möglichst bald möglichst viele Menschen gegen das Virus geimpft werden.

Auf Unterstützung des Militärs zur schnelleren Durchführung der Impfungen können die Romandie und das Tessin aber nicht zählen. Die Gesundheitsdirektoren der lateinischen Kantone hatten beim Bund ein entsprechendes Gesuch gestellt, wie die Waadtländer Gesundheitsdirektorin Rebecca Ruiz (38, SP) im Westschweizer Fernsehen RTS sagte. Es sei abgelehnt worden.

Unterstützung der mobilen Impfequipen

Laut Ruiz hat man die Armee vor allem um Unterstützung bei den mobilen Impfequipen gebeten, die Bewohner und Personal von Alters- und Pflegeheimen impfen. In der Waadt beispielsweise sind laut Angaben des Kantons sechs bis acht Teams unterwegs, die jeweils aus sechs bis sieben Personen bestehen – darunter eine Pflegefachkraft, ein Fahrer und weitere Helfer. Die Westschweizer Kantone hatten gehofft, dass Angehörige der Spitalbataillone aushelfen könnten. Schliesslich ist das Pflegepersonal in den Kantonen noch immer sehr stark aus- beziehungsweise überlastet.

Die Waadtländer Gesundheitsdirektorin verwies im Gespräch mit RTS auf Israel, das in Sachen Impfungen derzeit weltweit vorne liegt – auch, weil die Armee in die Impfkampagne miteinbezogen ist.

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Amherd und Berset lehnten ab

In der Schweiz kommt das aber nicht in Frage. Viola Amherd (58), Vorsteherin des Verteidigungsdepartements (VBS), und Gesundheitsminister Alain Berset (48) hätten das Gesuch Ende Dezember gemeinsam beantwortet und es abgelehnt, sagt VBS-Sprecher Lorenz Frischknecht.

«Die Impfung der Bevölkerung gehört nicht zu den Leistungen der Armee, die das Parlament in der Dezembersession genehmigt hat», begründet er die Absage. Ausserdem habe eine Prüfung ergeben, dass «die strengen Kriterien für ein subsidiäres Engagement der Armee bei solchen Leistungen nicht erfüllt wären».

Aus Sicht der Bundesräte sollten die Kantone selbst in der Lage sein, das benötigte Personal für die Impfkampagne zu mobilisieren. Zudem will man sich alle Optionen offen lassen, sollte die Pandemie wieder ausser Kontrolle geraten. Die Entwicklung in den Spitälern sei ungewiss, «eine dritte Welle kann nicht ausgeschlossen werden», sagt VBS-Sprecher Frischknecht. «In einem solchen Fall könnte eine zusätzliche sanitätsdienstliche Unterstützung des Gesundheitswesens durch die Armee innerhalb der vom Parlament genehmigten Leistungen gefragt sein.»

Noch 140 Armeeangehörige im Einsatz

Bislang ist die Armee nur in Sachen Logistik in die grösste Impfaktion in der Schweizer Geschichte involviert. Sie ist für die Lagerung und Verteilung der Impfstoffe auf die Kantone zuständig. Während in anderen Bereichen die Hilfe der Armee gefragt wäre, wird sie hier kritisiert. Die Logistik über die Armee laufen zu lassen, sei viel zu kompliziert und zu teuer, findet der Aargauer SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner (38), Geschäftsführer des gleichnamigen Transportunternehmens. Im Gegensatz zum Bundesrat sind Unternehmer wie er überzeugt, dass auch sie die Impfstoff-Verteilung hätten übernehmen können.

Seit Anfang November helfen Soldatinnen und Soldaten im Rahmen des Assistenzdienstes zudem wieder in Spitälern aus, welche wegen der Corona-Pandemie am Anschlag sind. Von den knapp 60 Gesuchen um Unterstützung, welche Kantone eingereicht haben, ist rund die Hälfte bewilligt worden. Eine Mehrheit der Einsätze seien bereits abgeschlossen, sagte Brigadier Raynald Droz (55) vergangene Woche an einer Medienkonferenz. 140 Armeeangehörige seien derzeit noch im Einsatz.

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