Der Bundesrat führt derzeit eine innenpolitische Konsultation zum Rahmenabkommen durch. In seiner Albisgüetli-Rede vom Freitag hat Christoph Blocher diese Konsultation als «Propagandafeldzug» für den Vertrag bezeichnet. Herr Bundespräsident, teilen Sie diese Haltung?
Ueli Maurer: Das ist nicht unsere Absicht. Der Bundesrat war sehr zurückhaltend, hat das Abkommen nicht paraphiert, diesem also nicht zugestimmt und schickt es nun in die Konsultation.
Sie haben bereits Nachverhandlungen gefordert. Wie wollen Sie in die Beratungen einsteigen, wenn Ihre Haltung schon allen bekannt ist?
Ich muss nichts verkaufen, sondern will zuhören. Wir möchten wissen, was die Leute wollen. Dann wird man das Gespräch über einzelne Punkte nochmals aufnehmen müssen. Das Wort Nachverhandlungen geriet manchen in den falschen Hals. Aber die Signale, die ich aus EU-Kreisen erhalte, zeigen: Reden kann man immer. Das sind ja keine Unmenschen (lacht).
In Ihrer Ansprache an der Albisgüetli-Tagung haben Sie gesagt, dass es Ihnen in der Politik an Leadership fehle. Schliesst das den Bundesrat ein?
Ja. Wir sind ein Land, das schläft! Der Bundesrat vermittelt keine Aufbruchstimmung, es fehlt eine ganzheitliche Vision. Er ist zwar eher eine verwaltende Behörde, aber es braucht einfach mehr Zug!
Ein frommer Wunsch, wenn
der Bundesrat just beimRahmenab
kommen zu keinem Entscheid gekommen ist.
Der Bundesrat ist offenbar der Meinung, dass man das Abkommen nicht paraphieren kann. Er hat insofern Leadership bewiesen, als er dem Text gerade nicht zugestimmt hat.
Warum sollten ausgerechnet Sie als SVP-Vertreter in Ihrem Präsidialjahr im Europadossier Erfolg haben?
Es kommt darauf an, was Sie als Erfolg definieren. Falls Sie der Ansicht sind, das Rahmenabkommen sei eine gute Lösung, könnte man sagen: Augen zu
und durch. Leadership heisst aber, ein gutes Ergebnis für
die Schweiz zu finden. Das Abkommen hat im Parlament keine Mehrheit. Darum müssen wir weiter an einer Lösung arbeiten.
Was wäre aus Ihrer Sicht ein Erfolg im Europadossier?
Man muss eine Win-win-Situation schaffen: Die EU muss profitieren und die Schweiz muss profitieren. Im Moment, mit diesem Abkommen, profitiert die Schweiz zu wenig. Das muss man verbessern. Ob dieser Prozess bis Ende des Jahres abgeschlossen ist, wird man sehen.
Es besteht das Risiko, dass Sie am Ende mit leeren Händen dastehen.
Wir haben nicht gar nichts, wenn wir nicht unterschreiben, sondern einfach etwas anderes. Wir müssen in Alternativen denken, es gibt nicht immer nur einen Weg.