Bund kürzt Gelder für Herdenschutz
«Wir Hirten kommen an den Anschlag»

Allein kann Hirte Marcus Berther seine Schafe nicht vor dem Wolf schützen. Doch der Bund hat die Subventionen fürs Hilfspersonal gekürzt. Der Entscheid sorgt bei Betroffenen und Bergkantonen für Unverständnis.
Publiziert: 21.09.2024 um 12:59 Uhr
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Aktualisiert: 21.09.2024 um 13:25 Uhr

Kurz zusammengefasst

  • Schafhirten kämpfen mit finanziellen Kürzungen und Wolfsgefahr
  • Kantone wie Graubünden und Wallis unterstützen kurzfristig
  • Nun machen Politiker Druck
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Ende Monat geht Marcus Berther mit seiner Herde zurück ins Tal.
Foto: Zvg
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Lea HartmannRedaktorin Politik

Ende Monat ist der Sommer auch für die Schafe von Marcus Berther (62) vorbei. In mehreren Etappen ziehen die 780 Tiere mit ihrem Hirten rund 15 Kilometer zurück ins Tal, heim nach Segnas im Bündner Oberland.

Für Berther bedeutet der rund einen Monat dauernde Alpabzug einen Haufen Arbeit. Weil er mit der Schafherde Wanderwege kreuzt, müssen laufend Zäune aufgestellt und wieder abgebaut werden, um Konflikte zwischen Herdenschutzhunden und Wanderern oder Bikern zu vermeiden. Weitere Zäune braucht es zum Schutz der Schafe vor dem Wolf.

Alpen droht das Aus

Berther hat zwei Helfer engagiert, um die Arbeit stemmen zu können. Den Lohn dieser Hilfshirten hat in den vergangenen zwei Jahren fast vollständig der Bund übernommen. Nun ist damit aber Schluss. Die Bundesbehörden haben auf diesen Sommer hin die Subventionen für die Alphirten angepasst. Als Folge erhalten viele Alpbetriebe unter dem Strich weniger Geld aus Bern.

Auch wenn es sich um kleinere Beträge handelt, geht es für Schafbauern wie Berther um viel, sagt er. «Wir Hirten kommen an den Anschlag.» Der Bündner ist seit über 20 Jahren Alpmeister. «Der Aufwand hat sich in den letzten Jahren enorm gesteigert», sagt er. Ohne Hilfshirten sei die Arbeit nicht mehr zu bewältigen. Die Folge: Schafhirten würden aufgeben, viele Alpweiden verschwänden.

Bergkantone springen ein

Bauer Berther macht sich Sorgen. Und auch aus den Kantonen ertönt Kritik. Die Bündner Behörden sind dieses Jahr eingesprungen und haben einen Teil der ungedeckten Kosten für die Hilfshirten übernommen. Doch dabei handle es sich um eine «einmalige Massnahme», betont der Kanton auf Anfrage. Ein Drittel der Betriebe hat davon Gebrauch gemacht.

Auch im Wallis eilte der Kanton den Schafhirten zu Hilfe. Eine Million Franken wurde dafür gesprochen. Im Kanton gebe es viele kleine und nicht schützbare Alpen, sagt die Walliser Herdenschutzbeauftragte Christine Cavalera (50). Wegen der Änderung bei den Direktzahlungen stehe ihre Existenz auf dem Spiel. Denn die Hilfspersonen seien eine der Säulen des Herdenschutzes: «Sie sorgt für menschliche Präsenz auf den Alpen. Dies kann den Wolf von einem Angriff abhalten.»

Der Kanton Wallis ist beim Bundesamt für Umwelt vorstellig geworden, um eine Lösung zu finden. Eine bessere Unterstützung durch den Bund sei auch aufgrund des zunehmenden Drucks durch den Wolf gerechtfertigt, findet Cavalera.

«Wir dürfen die Bauern nicht im Stich lassen»

Parlamentarier machen ebenfalls Druck. «Wir dürfen die Bauern nicht im Stich lassen», sagt der Bündner Mitte-Nationalrat Martin Candinas (44). Wolle man eine Wolfspopulation in der Schweiz, so müsse der Bund auch bereit sein, die nötigen Schutzmassnahmen zu finanzieren. Dieser Meinung ist auch Grünen-Nationalrat Christophe Clivaz (55) aus dem Wallis. «Der Bund muss weiterhin die Kosten für den Herdenschutz übernehmen, einschliesslich der Kosten für die Einstellung von Hilfshirten», sagt er.

Das Bundesamt für Umwelt unterstützt dieses Jahr Herdenschutz-Sofortmassnahmen mit vier Millionen Franken. Der Bauernverband fürchtet, dass das Budget aufgrund eines Systemwechsels und der Sparbemühungen gekürzt werden könnte. «Doch der Wolfsdruck ist so stark, dass wir mindestens so viele Mittel brauchen wie dieses Jahr», sagt Michel Darbellay (42) vom Bauernverband.

Schafbauer Marcus Berther hofft auf eine langfristige Lösung, die Hirten wie ihm finanzielle Sicherheit gibt. Sonst, warnt er, drohten jahrhundertelang gepflegte Alpweiden zu Buschlandschaften zu verkommen.

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