BLICK beantwortet die wichtigsten Fragen zur Reform der Ergänzungsleistungen
Muss ich jetzt mein Elternhaus verkaufen?

Die längst beschlossene Reform der Ergänzungsleistungen (EL) macht Schlagzeilen. Denn ein bisher unbeachteter Passus sorgt dafür, dass Erben die EL ihrer Eltern zurückzahlen müssen. BLICK klärt die wichtigsten Fragen.
Publiziert: 17.10.2019 um 13:33 Uhr
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Aktualisiert: 17.10.2019 um 15:09 Uhr
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Erben sollen gemäss der Reform der Ergänzungsleistungen die von den verstorbenen Eltern bezogenen Ergänzungsleistungen zurückzahlen müssen.
Foto: plainpicture/Maskot
Sermîn Faki

Seit die SRF-Nachrichtensendung «10vor10» am Montag darüber berichtete, gehen die Wogen hoch. Grund: Die im Frühling vom Parlament beschlossene Reform der Ergänzungsleistungen (EL) enthält eine Regelung, wonach der Staat EL-Leistungen aus dem Erbe des Bezügers zurückfordern kann. Doch was sieht die Regelung genau vor? Und wie kann man sich darauf vorbereiten? BLICK klärt die wichtigsten Fragen.

Was besagt das Gesetz zur Zurückzahlung von EL?

Im Gesetz heisst es wörtlich: «Rechtmässig bezogene Leistungen (...) sind aus dem Nachlass der verstorbenen Bezügerin oder des verstorbenen Bezügers zurückzuerstatten. Die Rückerstattung ist nur von demjenigen Teil des Nachlasses zu leisten, der den Betrag von 40'000 Franken übersteigt.» Konkret heisst das: Vererbt ein EL-Bezüger seinen Nachkommen mehr als 40'000 Franken, müssen diese mit dem Rest des Erbes die «Schuld» an den Bund zurückzahlen.

Wen trifft das?

Vor allem den unteren Mittelstand. Also jene Menschen, deren Eltern zwar nur wenig Geld, aber ein Häuschen haben. Denn Anrecht auf EL haben Personen, die weniger als 100'000 Franken Vermögen besitzen (Ehepaare: 200'000 Franken). Wohneigentum ist jedoch davon ausgenommen, solange einer der Ehepartner dieses selbst bewohnt. Und das rächt sich nach dem Tod – bei den Erben.

Um wie viel EL kann es gehen?

Im schlimmsten Fall um Hunderttausende von Franken. Beispielsweise, wenn ein Pflegeheim-Aufenthalt dazu kommt. Etwa, wenn die Mutter im Haus wohnt, der Vater aber im Heim. Denn Pflegeleistungen werden über das EL-System vergütet.

Muss ich dann also das Elternhaus verkaufen?

Klar ist: Die EL sind geschuldet. Wer sie nicht aus der eigenen Tasche begleichen kann, muss die Liegenschaft verkaufen, um aus dem Erlös die EL zurückzuzahlen.

Wie viele Menschen sind davon betroffen?

Das Bundesamt für Sozialversicherungen rechnet damit, dass ab 2030 jährlich etwa 5000 Verstorbene zuvor EL bezogen haben. Etwa 250 davon mit selbstbewohntem Eigenheim. Die Zahl der Erben ist dementsprechend grösser.

Ist das rechtens?

Ja, denn das Parlament hat es so beschlossen. Allerdings kritisieren Sozialversicherungsrechtler die Reform. Denn EL seien eine Leistung, auf die gemäss Verfassung ein Anspruch bestehe. Mit der neuen Regelung würde diese Leistung aber zum «Vorschuss».

Warum macht der Bund das?

Weil er sparen will. Denn die Ausgaben für die EL haben sich zwischen 1998 und 2012 auf 4,4 Milliarden Franken mehr als verdoppelt. Mit der «Rückerstattung» nach dem Tod sollen pro Jahr 150 Millionen Franken gespart werden.

Kann man denn gar nichts tun, um das Elternhaus zu behalten?

Doch. Beispielsweise kann man die Liegenschaft frühzeitig an die Erben übergeben. Diese profitieren dann von einer Schenkungsminderung. Eine andere Möglichkeit ist, das Haus noch zu Lebzeiten mit einer neuen, hohen Hypothek zu belasten und diese mitzuvererben. Denn die wird vom Vermögen abgezogen. Ob das im Sinne der Erfinder ist, darf man aber bezweifeln.

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