Bauernpräsident Markus Ritter von Pilotprojekt überzeugt
«Flüchtlinge auf dem Hof, das funktioniert tipptopp»

Die Schweiz ist noch weit weg vom Job-Programm für Flüchtlinge, das SP-Mann Rudolf Strahm fordert. Doch verschiedene Erfolge lassen hoffen.
Publiziert: 17.02.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 07:05 Uhr
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Verursachte böses Blut bei Bauern: Asylministerin Simonetta Sommaruga.
Foto: /KEYSTONE/THOMAS HODEL
Christoph Lenz und Joel Widmer

Rudolf Strahms «Zeitbombe» hallt nach: Am Montag warnte der Ex-Preisüberwacher vor einer Integrationskrise. Kantone und Gemeinden müssten rasch Job-Programme für Zehntausende Flüchtlinge ins Leben rufen. Zwar ist die Schweiz noch weit entfernt von

einem flächendeckenden Job-Programm, doch gibt es bereits heute vielversprechende Eingliederungs-Projekte für Migranten. So läuft seit Mai ein Versuch von Bund und Bauernverband, Flüchtlinge in der Landwirtschaft einzusetzen.

Bauernpräsident Markus Ritter zieht eine positive Zwischenbilanz. «Die ersten Resultate sind erfreulich. Flüchtlinge auf dem Hof – das funktioniert tipptopp.» Voraussetzung sei aber eine sorgfältige Selektion der Interessenten. «Sie brauchen eine gute körperliche Konstitution. Sie müssen arbeitswillig sein. Und sie müssen über gewisse Kommunikationsfähigkeiten in einer Landessprache verfügen», so Ritter. Allerdings warnt der CVP-Nationalrat vor übertriebenen Erwartungen. Die Landwirtschaft könne nicht Zehntausende Flüchtlinge aufnehmen.

Beeindruckend sind auch die Integrations-Erfolge des Kantons Graubünden. Kaum irgendwo ist die Erwerbstätigkeit von Asylpersonen höher. Die Gründe: In individualisierten Sprachkursen und Job-Coachings werden Migranten schneller als anderswo fit gemacht für den Arbeitsmarkt. Der Einstieg fällt leicht, dank liberaler Rahmenbedingungen. Zudem gibt es im Tourismus viele Jobs für niedrig-qualifizierte Kräfte.

Abgesehen von diesen positiven Beispielen überwiegt das Flickwerk. Beispielhaft die Stellungnahme des Schweizerischen Arbeitgeberverbands: Die Integration von Flüchtlingen sei «primär eine Aufgabe des Staats». Zwar fördere der Arbeitgeberverband über den «Integrationsdialog» die Sensibilisierung der Wirtschaft und Behörden, um das Potenzial der hier lebenden Migranten besser zu nutzen. «Allerdings sehen sich die Arbeitgeber nicht in der Pflicht, spezifisch Flüchtlinge zu bevorzugen.»

Zuweilen tragen auch die Behörden zu angespannter Stimmung bei wichtigen Partnern bei. Im Januar sorgte Justizministerin Simonetta Sommaruga bei Bauern für böses Blut. Sie zeigte sich unbefriedigt darüber, dass nur ein gutes Dutzend Flüchtlinge am oben erwähnten Bauernhof-Praktikum teilgenommen hatten. Pikant: Das Pilotprojekt war explizit als Projekt mit 15 Plätzen entwickelt worden. Nach dem Eklat bemühte sich der Staatssekretär für Migration, Mario Gattiker, höchstpersönlich, den Schaden zu kitten.

«Gewisse Formulierungen in der Rede von Frau Sommaruga wurden möglicherweise falsch verstanden», heisst es beim Justizdepartement auf Anfrage. «Die Justizministerin ist sehr erfreut über die Unterstützung der Bauern bei der Integration von Flüchtlingen.»

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