Auftritt trotz Gewaltvorwürfen
Berner Linke wollen Schock-Rocker Marilyn Manson stoppen!

Schock-Rocker Marilyn Manson soll Ende November in Bern auftreten. Das sorgt für heftige Proteste: Ein offener Brief fordert die Absage des Konzerts. Der Druck richtet sich auch gegen die Stadtregierung.
Publiziert: 19:20 Uhr
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Aktualisiert: 20:04 Uhr
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Am 22. November soll Schock-Rocker Marilyn Manson in Bern auftreten. Dagegen formiert sich Widerstand.
Foto: Getty Images

Darum gehts

  • Marilyn Manson soll in Bern auftreten, Politiker und Künstler fordern Konzertabsage
  • Vorwürfe sexuellen Missbrauchs und häuslicher Gewalt gegen Manson, trotz Ermittlungseinstellung
  • Offener Brief von linken Parteien, Frauenorganisationen und Schweizer Künstlern gegen Auftritt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

Ende November soll in Bern die grosse Party steigen: Läuft alles wie geplant, wird Schock-Rocker Marilyn Manson (56) die Festhalle auf dem Bernexpo-Gelände zum Beben bringen. Der skandalumwobene US-Musiker erschüttert die Stadt Bern jedoch bereits weit vor seinem Auftritt, zumindest politisch.

In einem offenen Brief fordern linke Parteien, Frauenorganisationen und Schweizer Künstler vehement, dass das Konzert gestoppt werden soll. Auch im Berner Stadtparlament setzen die Initiantinnen Druck auf. «Keine Gewalttäter auf Berns Bühnen», so die Forderung.

Kunstschaffende gegen US-Musiker

Manson gilt als einer der umstrittensten US-Künstler: Neben frauenverachtenden Texten, Gewaltdarstellungen und weiteren provokanten Aktionen warfen ihm in der Vergangenheit auch zahlreiche Frauen sexuellen Missbrauch und häusliche Gewalt vor. Eines der Opfer war zum Zeitpunkt der mutmasslichen Tat erst 16 Jahre alt.

In Bern soll Manson daher auf keinen Fall auftreten, wie die Petition verlangt. Unter den Mitunterzeichnenden finden sich einige prominente Namen: Neben der SP, Juso, den Jungen Grünen und der Frauenrechtsorganisation Frieda stehen unter anderem auch der Ostschweizer Kabarettist Renato Kaiser (39), die Opferhilfeberaterin Agota Lavoyer (44) oder der Berner Rapper Greis (47) mit ihren Namen hin.

«Mir geht es darum, ein Zeichen zu setzen», sagt Kaiser zu Blick. Opfern von sexueller Gewalt müsse man Glauben schenken. «Solche Vorfälle dürfen nicht einfach vergessen oder unter den Teppich gekehrt werden.» Von der Stadt und der Veranstalterin erhofft sich der Satiriker ab sofort mehr Verantwortung, wenn es darum gehe, wem eine Bühne geboten werde. «Rape Culture existiert, ist eine Gefahr für die Gesellschaft und die Bekämpfung davon geht auch und ganz speziell Männer etwas an.»

Stadtregierung soll sich gegen Auftritt wehren

Ausgearbeitet wurde der Brief von Judith Schenk (44) und Sofia Fisch (29), beide Mitglied der Fraktion SP/Juso im Berner Stadtparlament. Zugleich richten sie sich mit einem Vorstoss an die Stadtregierung. Denn: Diese ist Minderheitsaktionärin des Messeareals, wo Manson auftreten soll.

«Es ist wichtig, dass die Stadt rechtzeitig reagiert: Rammstein vor zwei Jahren hätte mit früheren Protesten vielleicht auch verhindert werden können», sagt Schenk zu Blick. Bern gebe jedes Jahr viel Geld für Prävention und Schutz vor jeglicher Art von Gewalt aus. «Sich deutlich gegen das Konzert auszusprechen, wäre sogar gratis. Es ist wichtig, sich konsequent gegen eine Bühne für Täter zu wehren.»

Die Kritik richtet sich dabei vor allem an die Veranstalterin Good News Productions und weniger an die Bernexpo-Leitung. «Bei der Bernexpo scheinen zwar die Kontrollmechanismen nicht funktioniert zu haben», sagt Schenk. Bei Good News müsse jedoch von Versagen gesprochen werden. «Ich gehe nicht davon aus, dass sie nicht wussten, mit wem sie es zu tun haben.»

Das sagen die Veranstalter

«Die Bernexpo steht für Vielfalt, Offenheit und Respekt», so ihr CEO Tom Winter zum kontroversen Auftritt von Marilyn Manson. «Unser Areal soll ein Ort sein, an dem sich alle willkommen fühlen – diskriminierende Inhalte haben bei uns keinen Platz.» Gleichzeitig möchte Winter betonen, dass man nicht Veranstalterin, sondern Gastgeberin sei.

Doch auch wenn die Programmgestaltung in der Verantwortung externer Veranstaltender liege, übernehme die Messehalle Verantwortung für das Umfeld – «mit klaren Schutzklauseln, einem Ethik-Check bei Bookings und gezielten Awareness-Massnahmen vor Ort». So solle sichergestellt werden, dass das Gelände «als offener, respektvoller und verantwortungsbewusster» Veranstaltungsort wahrgenommen werde. Die Zürcher Veranstalterin Good News Productions, die Marilyn Manson nach Bern holt, verzichtete dagegen gestern auf Anfrage von Blick auf eine Stellungnahme.

«Die Bernexpo steht für Vielfalt, Offenheit und Respekt», so ihr CEO Tom Winter zum kontroversen Auftritt von Marilyn Manson. «Unser Areal soll ein Ort sein, an dem sich alle willkommen fühlen – diskriminierende Inhalte haben bei uns keinen Platz.» Gleichzeitig möchte Winter betonen, dass man nicht Veranstalterin, sondern Gastgeberin sei.

Doch auch wenn die Programmgestaltung in der Verantwortung externer Veranstaltender liege, übernehme die Messehalle Verantwortung für das Umfeld – «mit klaren Schutzklauseln, einem Ethik-Check bei Bookings und gezielten Awareness-Massnahmen vor Ort». So solle sichergestellt werden, dass das Gelände «als offener, respektvoller und verantwortungsbewusster» Veranstaltungsort wahrgenommen werde. Die Zürcher Veranstalterin Good News Productions, die Marilyn Manson nach Bern holt, verzichtete dagegen gestern auf Anfrage von Blick auf eine Stellungnahme.

In England wurde Manson bereits gebodigt

Der Schock-Rocker selbst wies die Vorwürfe allesamt von sich. Verurteilt wurde er ebenfalls nicht: Die amerikanischen Behörden stellten ihre vierjährigen Ermittlungen Anfang Jahr ein – aufgrund von Verjährungen und weil die Vorwürfe nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnten.

Die Staatsanwaltschaft von Los Angeles bedauerte damals die ausbleibende Anklage. Der Mut der Frauen habe aber zumindest ein grösseres Bewusstsein für die Herausforderungen von Überlebenden häuslicher Gewalt und sexueller Übergriffe geschaffen, teilte sie nach der Einstellung mit.

«Ich halte die Ungerechtigkeit kaum aus», so SP-Stadträtin Schenk zum Fall. «Weil all den Frauen einmal mehr nicht geglaubt wird, wertet das Gericht die Beweislage als zu dünn. Es sind immer dieselben Mechanismen.»

Während Manson in Bern weiter geladener Gast ist, wurde anderswo durchgegriffen: Im Oktober hätte der Musiker in der englischen Küstenstadt Brighton zu Gast sein sollen. Nach grossem politischem und öffentlichem Druck wurde das Konzert aus dem Tourplan gestrichen.

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