Aufsicht eilt Bundesanwaltschaft zu Hilfe
Wer sagt im Spionage-Krimi die Wahrheit?

Die Bundesanwaltschaft habe sich in der Spionage-Affäre gemäss vorläufigen Erkenntnissen nichts zu Schulden kommen lassen, schreibt ihre Aufsichtsbehörde. BLICK erklärt den Fall - aber eine Frage bleibt offen.
Publiziert: 17.05.2017 um 15:33 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 16:27 Uhr
Die Bundesanwaltschaft – im Bild der Sitz in Bern – bekommt Unterstützung von ihrer Aufsicht.
Foto: LUKAS LEHMANN
Sermîn Faki

Die Spionage-Affäre um den in Deutschland inhaftierten Daniel M.* ist um ein Kapitel reicher. Die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) hat am Mittwoch über den Zwischenstand ihrer Abklärungen in der verworrenen Geschichte informiert.

Nach einer ersten Aktendurchsicht und Anhörung der Bundesanwaltschaft (BA) kommt das Kontrollorgan zum vorläufigen Schluss, «dass die BA ihr Strafverfahren gegen Vertreter deutscher Steuerbehörden unabhängig vom Nachrichtendienst des Bundes (NDB) eröffnet hatte».

Aufseher nehmen BA in Schutz

Damit will die Aufsichtsbehörde offensichtlich die BA aus der Schusslinie nehmen. Denn diese war in den letzten Wochen in die Kritik geraten – unter anderem, weil M. angibt, letztlich im Dienst der Bundesanwaltschaft gegen deutsche Steuerfahnder ermittelt zu haben und darum nun von den Deutschen abgestraft werde.

Eine erste Durchsicht der Akten zeigt gemäss der Aufsichtsbehörde, dass die BA ihre Ermittlungen wegen des Verdachts auf wirtschaftlichen Nachrichtendienst gegen drei Beamte der deutschen Steuerbehörden ohne Beteiligung oder Mitwirkung des Nachrichtendienstes aufgenommen hat. 

So seien die Namen und weitere Angaben zu den Verdächtigten bereits in einem ersten Rechtshilfeersuchen nach Deutschland vom Dezember 2010 enthalten gewesen.

Informationen «nicht relevant»

Daniel M. in einem Hotel in Frankfurt D.
Foto: ZVG

Später dazu gekommen seien lediglich «ergänzende Hinweise zu den Personalien der drei Verdächtigten», die zwar zur «Vervollständigung der Akten dienlich, für die eigentlichen Zwecke der Strafverfolgung aber nicht relevant» gewesen seien. Heisst: Die BA hat ohne M.s Hilfe gegen die drei deutschen Steuerfahnder ermittelt.

Ob die BA auch die Haftbefehle gegen die drei deutschen Steuerfahnder ohne die Zusatzinformationen von M. hätte erlassen können, sagen die Aufseher nicht. Eine Anfrage des BLICK blieb zunächst unbeantwortet.

Wer sagt die Wahrheit?

Würde die Aufsichtsbehörde das jedoch bestätigen, würde sie damit FDP-Nationalrätin Corina Eichenberger (AG) widersprechen. Diese hatte im BLICK erklärt, dass der NDB den Spion M. eingesetzt hatte. Und weiter: «Aufgrund seiner Informationen wurden Haftbefehle gegen drei deutsche Steuerfahnder erlassen, wegen Verdacht auf nachrichtliche Wirtschaftsspionage.»

Auch zur Kritik, dass die BA ungeschwärzt Akten nach Deutschland geschickt hatte, stellt sich die Aufsicht hinter die Strafverfolger des Bundes: Hätte die BA die fraglichen Passagen im Protokoll geschwärzt und damit M.s Einsatz für den NDB verheimlicht, hätte sie die Parteirechte der Beschuldigten und die Wahrheitsfindung massiv beeinträchtigt, schreibt sie.

Keine Hinweise auf Geheimnisse

Zudem hätten weder der NDB noch Daniel M. selbst einen Hinweis auf private oder öffentliche Geheimhaltungsinteressen geäussert. Zumindest das kann bezweifelt werden.

In der Einvernahme, als Daniel M. gegenüber der Bundeskriminalpolizei angab, für den NDB tätig gewesen zu sein, sagte er wörtlich: «Ich betrachte sie als Amtsgeheimnisträger der Bundespolizei wie auch die Bundesanwaltschaft. Die können mit diesen Daten umgehen.»

Die Aufseher der Strafverfolger des Bundes betonen in ihrer Mitteilung auch, dass dies erst ein Zwischenbericht sei. Sie werden alle Unterlagen aber sorgfältig analysieren, bewerten und das Ergebnis ihrer Abklärungen zum gegebenen Zeitpunkt kommunizieren.

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