Bei Vorlagen kommt es im Bundeshaus nicht selten zu stundenlangen Monsterdebatten und Redeschlachten. Trotzdem kommen nicht immer alle zu Wort, die mitreden möchten. Denn das Geschäftsreglement des Nationalrats sieht je nach Geschäft strikte Rederegeln vor. Nur bei Volksinitiativen ist das Mikrofon für alle offen, bei den übrigen Geschäften ist der Ablauf straff organisiert und die Redezeit teils auf wenige spezialisierte Parlamentarier beschränkt.
«Scheindebatten statt echte Auseinandersetzung»
Das passt SP-Nationalrat Cédric Wermuth (AG) nicht. «Das Parlament führt heute faktisch zahlreiche Scheindebatten, in denen keine echte Auseinandersetzung stattfindet, sondern einfach die Kommissionsdiskussion protokollartig wiederholt wird», kritisiert Wermuth.
Wer nicht in der entsprechenden Kommission sitze, komme kaum je zu Wort. «Dabei könnten gerade Aussenstehende wichtige Inputs geben», so Wermuth. Heute versuchten sich diese über das Instrument der Zwischenfragen einzubringen. «Das Resultat sind unnötige Pseudofragen. Dann öffnen wir die Debatte doch lieber, das ist ehrlicher.»
Diese Woche reicht Wermuth deshalb einen Vorstoss ein, in dem er eine Anpassung des Geschäftsreglements und mehr Redefreiheit fordert – so wie es heute schon im Ständerat gilt.
«Nuller-Statements werden nicht goutiert»
Droht damit das grosse Schnurri-Parlament? Oder gibt es gar «sechswöchige Sessionen», wie ein Parteikollege Wermuths hinter vorgehaltener Hand schnödet? «Mehr Redefreiheit bedeutet nicht zwingend längere Debatten», glaubt Wermuth.
Er geht davon aus, dass sich dann nur jene zu Wort melden, die auch wirklich etwas zu sagen haben. Denn: «Wer die Redefreiheit missbraucht, macht sich bei den Kollegen nur lächerlich. Nuller-Statements werden nicht goutiert.»
Effizienz zweitrangig
Und selbst wenn mal eine längere oder eine Zusatzsession nötig würde, sieht Wermuth darin kein Problem: «Ein Parlament muss in erster Linie demokratisch sein und erst in zweiter Linie effizient.»
Damit legt er sich mit SVP-Nationalrätin Natalie Rickli an. Diese will das Parlament nämlich auf mehr Effizienz trimmen und den Freitag der dritten Sessionswoche als Sitzungstag streichen.