Die Schweizer Armee braucht Personal, aber kommt bei der Rekrutierung nicht vom Fleck: Dringend gesucht sind zum Beispiel Informatiker für die Cyber-Krieg-Abwehr oder Nachwuchs für die neue Kampfjet-Flotte. Der Frauen-Anteil in der Armee beträgt nur 0,7 Prozent.
Das Desinteresse von Stellensuchenden liegt auch daran, dass viele finden, Beruf und Privatleben liessen sich beim Militär schlecht vereinbaren. Die neuste Personalbefragung des Bundes zementiert dieses Vorurteil.
Gemäss einer Umfrage, an der 68 Prozent der 34'000 Bundesbeamten teilnahmen, erhält das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) die tiefsten Noten für die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Gleich schlecht schneidet nur das Aussendepartement ab.
Besonders negativ sind die Werte für die Bereiche Heer, Luftwaffe und Führungsstab in der Armee. Dort verteilten die Mitarbeitenden 45 bis 50 Punkte. Gemäss der Skala bedeuten weniger als 50 Punkte eine «geringe bis stark negative Beurteilung».
Armee streut Asche auf ihr Haupt
Beim VBS hat man das Problem erkannt. «Die tieferen Werte reflektieren den Wunsch des militärischen Berufspersonals nach mehr Flexibilität bei den Arbeitsmodellen wie zum Beispiel Teilzeit, Jobsharing oder Telearbeit», sagt VBS-Sprecher Renato Kalbermatten (43).
Im Vergleich zu den zivilen Berufen seien jedoch die Möglichkeiten bei den militärischen Funktionen wegen der Aufgaben stärker eingeschränkt. «Gründe dafür sind der Bedarf an höheren Präsenzzeiten vor Ort, die Versetzbarkeit des militärischen Personals sowie die hohen Verfügbarkeiten für die Ausbildungstätigkeiten in den Rekrutenschulen», so Kalbermatten.
Überbewerten will man die Resultate bei der Armee nicht. Ihre Attraktivität sei immer als Gesamtes zu betrachten. Die tiefen Werte beträfen zudem vor allem das militärische Personal. Bei den zivilen Angestellten lägen die Werte im Durchschnitt der übrigen Bundesverwaltung.
Alles nur leere Worte?
Keine Ausreden mag Matthias Humbel (38) hören. Der Leiter Branche öffentliche Verwaltung analysiert die Ergebnisse jeweils für den Personalverband Transfair: «Die Armee hat schon vor drei Jahren bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie schlecht abgeschnitten. Jetzt sind die Werte noch tiefer.» Dieses Problem müsse angegangen werden – für die Zukunft der Armee.
Enttäuscht sind vor allem die Berufsoffiziere
Hinter den schlechten Umfragewerten dürften laut Humbel insbesondere Berufsoffiziere und -unteroffiziere stehen. «In der Umfrage widerspiegelt sich auch die Absicht des Bundesrats, das Rentenalter für das Berufsmilitär von 60 auf 65 Jahre zu erhöhen.» Es befürchtet, dass seine Bereitschaft, mehr und flexibler als andere zu arbeiten, künftig nicht mehr abgegolten wird.
Auf dieses Problem angesprochen, verweist VBS-Sprecher Kalbermatten auf laufende «umfangreiche Abklärungen».
Armee will sich für mehr Flexibilität und mehr Frauen engagieren
Auch sonst will die Armee die Resultate aus der Personalbefragung künftig bei ihrer Personalpolitik berücksichtigen. Der Arbeitsmarkt zeige klar, dass für bestehendes und künftiges Personal flexible Arbeitsmodelle ein wichtiges Entscheidungskriterium seien. So seien im IT-Bereich Massnahmen in Planung.
Auch um die Frauen will man sich mehr bemühen. Sie sollen mit speziellen Aktivitäten an Fachmessen umworben werden, etwa mit dem Programm «Woman back to business». Mit Teilzeitpensen auf Kaderebene sollten sie eher nicht rechnen: «Beim militärischen Personal ist die Teilzeitarbeit aufgrund der besonderen Aufgaben nicht bei jeder Funktion möglich», so Kalbermatten.