Stefan Junger arbeitet seit gut 20 Jahren als Armeeseelsorger. «Ich erlebe die 20- bis 24-Jährigen als aufgestellt und interessiert», sagt er heute im Interview mit der «NZZ».
Gleichzeitig scheinen ihm die Jungen «angepasster als vor mehr als zwanzig Jahren, als ich als Armeeseelsorger angefangen habe. Damals waren die Rekruten aufmüpfiger und kritischer gegenüber allem, was nach Autorität roch.»
Breite Problem-Palette
In seinem Amt wird der oberste Armeeseelsorger mit den unterschiedlichsten Sorgen der Soldaten konfrontiert. «Es beginnt bei Ablösungsproblemen daheim, geht über knifflige Situationen am Arbeitsplatz und in Beziehungen, die zum Teil bereits in die Brüche gegangen sind, bis hin zu militärspezifischen Herausforderungen», sagt der reformierte Pfarrer. «Dass sie jetzt in der Armee sind, dass sie mit anderen Leuten das Zimmer teilen und ihre persönlichen Bedürfnisse hintenanstellen müssen, nur am Wochenende nach Hause dürfen – dies bereitet manchen Soldaten Mühe.»
Er versuche nie, eindimensionale Ratschläge zu erteilen, die seien meistens für die Katz, erklärt Junger. Stattdessen höre er erst einmal gut zu. Dann versuche er, mit seinem Gegenüber Handlungsoptionen zu erarbeiten. Er macht klar: «Es gibt nie nur eine Lösung!»
Faire Behandlung entscheidend
Dass die Armee die Jungen zu Beginn der RS weniger hart anfassen will, hält Junger zur Eingewöhnung als «hilfreich». Noch entscheidender sei aber etwas anderes: «Die Jungen sagen mir immer wieder, sie hätten keine Probleme mit strengen und langen Tagen – aber sehr wohl mit unfairem oder unklarem Verhalten ihrer Vorgesetzten.»
Dagegen würden sie sich wehren. Wer sich nicht vor dem Militärdienst drücke, erwarte eine faire Behandlung. «Ist diese Bedingung erfüllt, kann man von den Jungen viel fordern.» (rus)