Nach dem Ja zum AHV-Steuer-Deal macht der Arbeitgeberverband dem Bundesrat Dampf. Zwar hat die am Sonntag beschlossene 2-Milliarden-Finanzspritze dem Sozialwerk etwas Reformdruck genommen. Mit der Vorlage hat man laut Arbeitgeber-Präsident Valentin Vogt (58) aber auch viel Zeit verplempert hinsichtlich des Problems, das Loch in der AHV-Kasse nicht nur notdürftig zu flicken, sondern nachhaltig zu stopfen.
«Schweiz ist nicht gemacht für grosse Würfe»
Umso mehr Gas müssen Regierung und Parlament jetzt geben, findet der Arbeitgeberverband. Er stellte gestern an einer Medienkonferenz seinen Forderungskatalog zur AHV-Sanierung vor. Der Reformvorschlag erinnert an einen vornehmen Stehlunch: kleine, leicht verdauliche Häppchen sollen es sein – statt des überladenen Tellers, den man dem Volk mit der Rentenreform vor zwei Jahren aufgetischt hat.
«Wir haben unsere Lehren aus der Vergangenheit gezogen», sagt Vogt. «Die Schweiz ist nicht gemacht für grosse Würfe.» Deshalb müsse man dem Volk die Reform in kleinen Portionen schmackhaft machen.
Frauen-Rentenalter 65 gefordert
Als erste Häppchen fordert der Arbeitgeberverband die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre in vier Etappen und eine Mehrwertsteuererhöhung von 0,3 Prozent. Zudem soll das Arbeiten über das Rentenalter hinaus gefördert werden, indem der AHV-Freibetrag für Rentner von 1400 auf 2000 Franken pro Monat erhöht wird. Von diesem Betrag werden keine AHV-Beiträge abgezogen.
Vogt räumt aber auch ein, dass hier die Arbeitgeber selbst über die Bücher müssen. «Wir sind gefordert, Arbeitszeitmodelle anzubieten, damit das längere Arbeiten für die Leute attraktiv wird.» Angesichts des Fachkräftemangels sei das auch im Interesse der Unternehmen.
Bundesrat will stärkere Mehrwertsteuer-Erhöhung
Der Vorschlag des Verbands ist im Vergleich zu jenem des Bundesrats moderat. So sieht dieser mit 0,7 Prozent eine über doppelt so hohe Mehrwertsteuer-Erhöhung vor. Dagegen sträuben sich die Arbeitgeber, weil sie um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft fürchten.
Aber auch der Plan der Arbeitgeber hat einen Haken. Kleine Häppchen machen schliesslich nicht wirklich satt. Nächste Reformschritte – in Form weiterer Mehrwertsteuer- und Rentenalter-Erhöhungen – wären schon Mitte der 2020er-Jahre wieder nötig. Mit dem Plan des Bundesrats wäre die Finanzierung der AHV bis 2030 gesichert.
Vogt hält nichts von Renten-Streichung für Reiche
Auch andere Player haben in den vergangenen Tagen ihre Forderungen für eine Rentenreform vorgelegt. Besonders zu reden gegeben hat der Vorschlag der Jungen GLP, AHV-Renten für Reiche zu streichen. Davon hält Arbeitgeber-Präsident Vogt gar nichts. Er warnt: «Wir müssen aufpassen, dass wir nicht die hohe Solidarität, auf der die AHV aufbaut, aufs Spiel setzen.»
Nur den Kopf schütteln kann Vogt auch bei der Forderung der Gewerkschaften nach einer 13. AHV-Rente. Der Vorschlag sei schon fast weltfremd. «Ein Unternehmer, der kurz vor dem Konkurs steht, erhöht ja auch nicht einfach die Löhne.»