Auf einen Blick
- Der neuste Tell-Film wurde in Italien statt in der Schweiz gedreht
- Altdorf wurde in den Cinecittà-Studios nachgebaut
- Der Film erhielt 400'000 Euro aus Südtiroler Filmförderung
Es ist der Urschweizer Mythos, der die Gründung der Schweiz begleitet: die Saga um den unerschrockenen Helden Wilhelm Tell. Jedes Kind kennt hierzulande die Geschichte von Tell, dem vom Landvogt die Prüfung auferlegt wird, mit der Armbrust auf einen Apfel auf dem Kopf seines Sohns Walter zu schiessen.
Doch die Neuverfilmung bringt eine überraschende Wendung – die Schweiz selbst hat darin gar keinen Auftritt. Stattdessen wurde in Italien gedreht. Altdorf UR wurde in den Cinecittà-Studios in Rom nachgebaut, und die imposanten Südtiroler Berge ersetzen die Innerschweiz.
Im vergangenen Herbst drehte die internationale Filmcrew auf dem Tartscher Bühel, dem Stilfser Joch, sowie auf die Mitteralm im Münstertal, statt in der Hohlen Gasse Küssnacht oder am Vierwaldstättersee.
«Wir wären gerne die Kulisse gewesen»
Dass ausgerechnet sein Dorf in Italien nachgebaut wurde, findet der Altdorfer Gemeindepräsidenten Pascal Ziegler (45) sehr bedauerlich. «Wir wären gerne die originale Kulisse gewesen, schade, dass man uns nachbauen musste», so Ziegler zu Blick. Den Film wolle er sich trotzdem im Kino anschauen: «Uns Einheimischen wird sofort auffallen, wenn ein Detail nicht richtig nachgebaut wurde.»
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Dass die Crew in Italien drehte, war eine finanzielle Entscheidung, sagte die Schweizer Produzentin Marie-Christine Jaeger-Firmenich gegenüber dem Film-Magazin Cinébulletin. Denn die dortige Filmförderung versprach ihnen eine Steuerrückerstattung von 40 Prozent.
Die Filmförderung im Südtirol veröffentlichte ihrerseits, dass der Tell-Film 400'000 Euro aus der Südtiroler Filmförderung erhielt. Der Actionfilm soll insgesamt ein Budget von etwa 45 Millionen Dollar gehabt haben.
Keine Schweizer Gelder für den Tell-Film
«Ich finde es immer schlecht, wenn Schweizer Filme im Ausland gedreht werden, aber bei Wilhelm Tell schmerzt es besonders», sagt Matthias Aebischer (56), Präsident vom Dachverband der Filmbranche Cinésuisse auf Anfrage. Sein Verband fordere seit rund zehn Jahren eine Filmstandortförderung, wie das Südtirol sie kenne. «Aber es bewegt sich wenig. Schade, dass die Schweiz das nicht begriffen hat», so Aebischer.
Zwar spricht auch das Bundesamt für Kultur jährlich 6 Millionen Franken für die sogenannte Filmstandortförderung. Berechtigt sind nur Produktionsunternehmen in der Schweiz. Der neuste Tell-Film ging leer aus – genauso, wenn etwa ein Bond-Streifen oder ein Bollywood-Film hierzulande gedreht wird.
In unseren Nachbarländern gelten andere Regeln. Beispielsweise in Italien gibt es auch Unterstützung für Dreharbeiten, die nicht nur dem dortigen einheimischen Filmschaffen, sondern generell der Filmwirtschaft zugutekommen. Die Österreicher geben bis zu fünf Millionen an internationale Spielfilme, die bei ihnen gedreht werden. Sie hoffen, damit internationale Filmteams und -Stars anlocken zu können.
Oscar-Gewinner spielt Habsburgerkönig
Es war einst der deutsche Dichter Friedrich Schiller, der mit seiner Version das Tell-Drama in der Welt bekannt machte. Nun ist es ein international zusammengesetzter Cast, der Tell wieder zu Leben erweckt.
Der britische Regisseur und Drehbuchautor Nick Hamm inszenierte die Verfilmung der Geschichte um den Schweizer Nationalhelden mit dem dänischen Schauspieler Claes Bang (57) in der Hauptrolle. Ebenfalls zum Cast gehören Connor Swindells als Gessler (28) und Oscar-Gewinner Ben Kingsley (80), der den österreichischen König spielt.
Die Europapremiere findet am Freitag am Zurich Film Festival statt. Erstmals gezeigt wurde der Actionstreifen im September am Internationalen Film Festival Toronto.