Alt Bundesrat Leon Schlumpf (1925 – 2012)
Er starb nach einem Sturz im Spital

Leon Schlumpf wäre gerne 100 geworden. Jetzt starb er im Spital. Nach einer geplanten Operation an den Folgen eines Sturzes.
Publiziert: 09.07.2012 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 01:29 Uhr
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«Wir verlieren einen grossartigen Menschen. Leon Schlumpf war mit der halben Gemeinde per du», sagt Lucrezia Furrer, Gemeindepräsidentin Felsberg.
Foto: Keystone
Von Fabienne Riklin

Täglich machte Leon Schlumpf († 87) einen Spaziergang durch Felsberg GR. Der alt Bundesrat war bis in seine letzten Tage fit, fuhr sogar noch Auto.

Vor zehn Tagen musste er ins Kantonsspital nach Chur – die Nieren! Die geplante Operation verlief gut. Leon Schlumpf erholte sich rasch. Doch dann der Schock: Der alt Bundesrat stürzte im Spital und verletzte sich. Er kam auf die Intensivstation. Am Samstagnachmittag ist er an den Komplikationen gestorben.

Der letzte Auftritt

Leon Schlumpf hatte seinen letzten grossen Auftritt am 22. Dezember im vergangenen Jahr: beim Empfang der neuen Bundespräsidentin, seiner Tochter Eveline Widmer-Schlumpf (56, BDP).

Die Familie war ihm sehr wichtig: Ganz speziell gefreut hat ihn, dass er im November mit der Geburt von ­Curdin Urgrossvater wurde. Leon Schlumpf hinterlässt neben Eveline Widmer-Schlumpf eine zweite Tochter, Margot (58), fünf Enkel und ­seine Ehefrau Trudi Schlumpf-Rupp (87). Während 59 Jahren waren die beiden verheiratet.

Trudi Schlumpf ist nicht mehr so gut zwäg. Sie lebt schon seit einiger Zeit nicht mehr im gemeinsamen Einfamilienhaus, sondern im Altersheim Felsberg. Leon Schlumpf kümmerte sich rührend um sie, besuchte sie jeden Tag zum gemeinsamen Mittagessen.

Tochter starb bei Autounfall

Die beiden hatten es nicht immer leicht im Leben: 1993, er war damals Bundesrat, mussten sie einen besonderen Schicksalsschlag bewältigen. Die dritte Tochter, Carmen, starb mit 23 bei einem Autounfall.

Leon Schlumpf hat gerne musiziert. Er spielte Schwyzerörgeli, ­Klavier und Saxofon. Unter dem Pseudonym Rätus Telena komponierte er selbst Stücke. Rätus hätte Schlumpf auch einen Sohn getauft, wenn es denn einen gegeben hätte.

Jeden Freitagmorgen traf sich Leon Schlumpf mit Musikfreunden im Café Ring in Chur. Peter Camas­tral (80) aus Felsberg gehört auch zum Musikerstamm. Mit ihm spielte Schlumpf 1951/52 in der Ländlerkapelle Bernina. 18 Titel hat er für sie komponiert. «Er war ein ruhiger und ausgeglichener Typ, der auch, als er nicht mehr in der Ka­pelle war, spontan zum Handörgeli griff», sagt Camastral. «Besonders gerne mochte er die ‹Bernina Polka› oder sein Stück ‹Chum mit ins Bündnerland›.»

Er wollte 100 Jahre alt werden

Heute vor zwei Wochen hat Camastral Leon Schlumpf zum letzten Mal gesehen. «Er parkierte vor unserem Haus und ging zum Coiffeur. Leon erzählte mir, dass er am Mittwoch ins Spital müsse. Und ich sagte, dass ich ihn besuchen werde.» So weit kam es nicht mehr.

«Dabei wollte Leon doch 100 werden», so Camastral. In Felsberg wehen die drei Fahnen vor dem Gemeindehaus auf Halbmast. «Wir sind alle tief betroffen», sagt Gemeindepräsidentin Lucrezia Furrer (56, FDP) zu BLICK. «Wir verlieren einen grossartigen Menschen. Leon Schlumpf war mit der halben Gemeinde per Du.»

Traurig ist auch alt Bundesrat Rudolf Friedrich (89, FDP): «Wir standen noch immer in Kontakt. Wir hatten das Heu auf derselben Bühne. Der Gegensatz FDP–SVP hat damals noch nicht existiert. Die Sorge um die zunehmenden Isolationstendenzen haben wir geteilt.»

Am 5. Dezember 1979 wurde der ehemalige Preisüberwacher Leon Schlumpf in den Bundesrat gewählt, dem er bis 1987 angehörte. Er war einer der Väter des Halbtax-Abos, des SBB-Taktfahrplans und der ­Autobahnvignette. 1982 eröffnete Schlumpf den Furkatunnel, später kämpfte er für den Bau des Vereina­tunnels.

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