Vor 25 Jahren gab das Schweizer Volk dem Bund mit der Annahme der Alpen-Initiative die Aufgabe, die Schweizer Berge vor schädlichem Transitverkehr zu schützen. Das im Gesetz festgelegte Ziel – jährlich sollen höchstens 650'000 Schwerverkehrsfahrten die Alpen überqueren – wurde jedoch auch 2018 verfehlt: Es waren 941'000 Fahrten.
Das will Sommaruga tun
«Nicht erfüllt!» So muss daher das Fazit lauten. Simonetta Sommaruga (59), die sowohl Verkehrs- als auch Umweltministerin ist, wagt nun einen neuen Effort: Sie will neue Anreize setzen, den alpenquerenden Güterverkehr von der Strasse auf die Schiene zu bringen. Kurz gesagt macht der Bundesrat die Schiene attraktiver.
Und zwar mit folgenden Massnahmen:
- Transportunternehmen, die auf die Schiene setzen, erhalten schon heute vom Bund einen Zustupf. Diese Betriebsbeiträge sollten ursprünglich immer weiter gesenkt werden. Davon sieht der Bundesrat nun ab. Für die Jahre 2024 bis 2026 sollen zusätzliche 90 Millionen Franken zur Verfügung stehen. Das Parlament muss dazu allerdings ja sagen – im neuen, grünen Parlament eine Formsache.
- Die Trassenpreise – ein Entgeld, das die Bahnunternehmen für die Benutzung der Gleise zahlen müssen – werden auf den 1. Januar 2020 gesenkt. Damit werden der Güter-, aber auch der Fern- und Regionalverkehr um jeweils 30 Millionen Franken entlastet. Besonders lange Güterzüge sollen zudem von einem Sonderrabatt profitieren. Mit langen Zügen kann die Kapazität der Infrastruktur besser genutzt werden kann.
- Auf der anderen Seite zieht Sommaruga bei der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) die Schraube an. Ab 2021 sollen Lastwagen der Abgasklassen EURO IV und V nicht mehr in eine günstigere Kategorie fallen. Ohne diese Massnahme würde die LSVA im Durchschnitt von 293 Franken (2018) auf 275 Franken im Jahr 2024 sinken.
- Zudem sollen die Schwerverkehrskontrollen intensiviert werden, unter anderem mit einem neuen Kontrollzentrum Gotthard Süd in Giornico TI.
Verlagerungsziel bleibt eine Herausforderung
Die Schiene erreicht im alpenquerenden Güterverkehr heute einen Marktanteil von 71 Prozent. Diesen zu erhöhen, wird aber auch mit Sommarugas Plänen schwierig genug bleiben.
Auch wenn im nächsten Sommer mit der Eröffnung des Ceneri-Basistunnels die Neat voll in Betrieb gehen kann und es auf der gesamten Gotthard-Achse dann einen 4-Meter-Korridor gibt: Verzögerungen bei der Fertigstellung der Zulaufstrecken zur Neat in Deutschland und technische Koordinationsschwierigkeiten machen es auch weiterhin unmöglich, 740 Meter lange Züge auf der Achse fahren zu lassen. Zudem, merkt Sommaruga an, hapere es mit der Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit der Transportangebote. (sf)