Abu-Dhabi-Affäre
Pierre Maudet gibt Widerstand gegen Ermittler in seinem Strafverfahren auf

Der Genfer Staatsrat Pierre Maudet hat den Widerstand gegen die personelle Besetzung der Ermittler in seinem Strafverfahren aufgegeben. Er verzichtet auf den Weiterzug eines Entscheids der Strafkammer, die vergangene Woche seinen Rückweisungsantrag abgelehnt hatte.
Publiziert: 29.05.2019 um 14:08 Uhr
Gegen Maudet läuft ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Vorteilsnahme im Zusammenhang mit einer Luxusreise nach Abu Dhabi im Jahr 2015. (Archivbild)
Foto: Keystone

Er werde in dem Fall keine Berufung vor Bundesgericht einlegen, teilte Maudet am Mittwochmorgen mit. Der FDP-Politiker habe die Entscheidung am Wochenende «alleine» getroffen, sagten seine Anwälte in einem am selben Tag veröffentlichten Interview mit der Genfer Zeitung «La Tribune de Genève».

Ermittlungen pausierten

Maudet hatte einen Rückzug von Generalstaatsanwalt Olivier Jornot sowie der Staatsanwälte Stéphane Grodecki und Yves Bertossa gefordert, die das Verfahren gegen ihn wegen seiner umstrittenen Reise nach Abu Dhabi leiten. Der FDP-Politiker hatte der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, der Kantonsregierung Auszüge aus einem Anhörungsprotokoll übermittelt zu haben. Darin gestand Maudet, sich in einer Weise verhalten zu haben, die mit seinem Amt unvereinbar sei. Nach Ansicht des Staatsrats könnte die Übermittlung eine Amtsgeheimnisverletzung darstellen.

Die Untersuchung gegen Maudet pausierte während vier Monaten. Hätte Pierre Maudet beschlossen, vor das Bundesgericht zu ziehen, wäre weitere Monate lang nichts passiert, begründeten die Anwälte Grégoire Mangeat und Fanny Margairaz Maudets Entscheid. Maudet will laut eigenen Angaben, dass die vor über 18 Monaten eingeleitete Untersuchung gegen ihn voranschreite und so schnell wie möglich zu einem Ende komme.

Umstrittene Reise nach Abu Dhabi

Gegen Maudet läuft ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Vorteilsnahme im Zusammenhang mit einer Luxusreise nach Abu Dhabi im Jahr 2015. Die Affäre führte zu einer schweren Regierungskrise in Genf. Eine Neuverteilung der Departemente war die Folge: Der Freisinnige musste sowohl die gesamte Sicherheitspolitik als auch das Regierungspräsidium abgeben.

Das Kantonsparlament, die FDP Schweiz und der Vorstand der Kantonalpartei forderten Maudet wiederholt zum Rücktritt . Die Basis der FDP Genf hingegen unterstützt ihn weiter. Maudet sagte stets, politischem Druck nicht nachgeben zu wollen. (SDA)

Pierre Maudet: Tiefer Fall eines Senkrechtstarters

Am 20. September 2017 unterlag er gegen Ignazio Cassis (57) bei der Bundesratswahl und ging trotzdem nicht als Verlierer aus dem Bundeshaus: Pierre Maudet (40, FDP) war als Aussenseiter in den Wahlkampf gestartet und ging als «bundesratstauglich» aus ihm hervor.

«Times are changing» – ein Jahr später sieht die Welt für Maudet völlig anders aus. Das Protokoll des Abstiegs:

Am 17. Mai 2018 machte der «Tages-Anzeiger» in der Deutschschweiz publik, dass die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren wegen Vorteilsannahme führt, also weil der Verdacht besteht, dass sich jemand bestechen liess. Zwar lief das Verfahren gegen unbekannt, doch es war klar, dass sich der Verdacht gegen Maudet richtete. 

Denn «Tribune de Genève» und Radio Lac hatten berichtet, dass Maudet im November 2015 samt Familie und weiteren Personen nach Abu Dhabi gereist war. Wie Maudet einräumte, hatte er die Reise nicht selbst bezahlt. Eigentlich habe er das gewollt, doch als er realisierte, dass bereits alles bezahlt war, habe er die entsprechende Summe an wohltätige Organisationen gespendet.

Darauf legten die Medien nach: Said Bustany, ein Geschäftsmann mit libanesischen Wurzeln, habe die Reise bezahlt. Maudet präzisierte, seine Spende habe 4000 Franken betragen. Das reichte jedoch nicht für die Reise in der Businessklasse, das Luxushotel und den Zugang zu einem Formel-1-Rennen im Emirat. Und es wurde bekannt, dass Bustany Beziehungen zur Herrscherfamilie der Vereinigten Arabischen Emirate unterhält. Brisant: Maudet traf gar den Kronprinzen auf der Reise – «per Zufall», wie er sagte.

Am 21. Juni 2018 rügte ihn das Genfer Parlament wegen der Annahme des «luxuriösen Geschenks» im Wert von mehreren Zehntausend Franken. 

Vor zwei Wochen dann gab die Genfer Staatsanwaltschaft bekannt, sie wolle ein Strafverfahren gegen Maudet wegen Vorteilsannahme im Amt führen. Statt Bustany heisst es jetzt, der Kronprinz habe die Reisekosten übernommen.

Doch als Staatsrat geniesst Maudet Immunität und auch wenn er darauf verzichten will, hat über deren Aufhebung das Kantonsparlament zu befinden. Das soll am 20. September geschehen – genau ein Jahr nach Maudets Beinahe-Wahl in den Bundesrat.

Am 5. September räumte Maudet im Genfer Lokalfernsehen Léman Bleu ein, «einen Teil der Wahrheit verheimlicht» und «versagt» zu haben. «Als ich bemerkte, dass ein ausländischer Staat die Reise bezahlte, fand ich das unerträglich und habe versucht, diese Tatsache zu kaschieren», sagte der 40-Jährige. Und entschuldigte sich dafür.

Trotz allem hat die Genfer Regierung beschlossen, dass Maudet als Regierungspräsent und Sicherheitsdirektor im Amt bleibt, aber teilentmachtet wird.

Am Mittwoch, 12. September, deckte die SRF-Sendung «Rundschau» auf, dass die Freunde Maudets knallharte Geschäftsinteressen verfolgten: Via Firma Capvest kauften sie beim Flughafen Genf ein Grundstück für 18,5 Millionen Franken. Zum Zeitpunkt des Kaufs lag dieses noch in der Landwirtschaftszone. Wie die «Rundschau» in Erfahrung brachte, hat der Staatsrat dem ersten Umzonungsschritt zugestimmt.

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Am 20. September 2017 unterlag er gegen Ignazio Cassis (57) bei der Bundesratswahl und ging trotzdem nicht als Verlierer aus dem Bundeshaus: Pierre Maudet (40, FDP) war als Aussenseiter in den Wahlkampf gestartet und ging als «bundesratstauglich» aus ihm hervor.

«Times are changing» – ein Jahr später sieht die Welt für Maudet völlig anders aus. Das Protokoll des Abstiegs:

Am 17. Mai 2018 machte der «Tages-Anzeiger» in der Deutschschweiz publik, dass die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren wegen Vorteilsannahme führt, also weil der Verdacht besteht, dass sich jemand bestechen liess. Zwar lief das Verfahren gegen unbekannt, doch es war klar, dass sich der Verdacht gegen Maudet richtete. 

Denn «Tribune de Genève» und Radio Lac hatten berichtet, dass Maudet im November 2015 samt Familie und weiteren Personen nach Abu Dhabi gereist war. Wie Maudet einräumte, hatte er die Reise nicht selbst bezahlt. Eigentlich habe er das gewollt, doch als er realisierte, dass bereits alles bezahlt war, habe er die entsprechende Summe an wohltätige Organisationen gespendet.

Darauf legten die Medien nach: Said Bustany, ein Geschäftsmann mit libanesischen Wurzeln, habe die Reise bezahlt. Maudet präzisierte, seine Spende habe 4000 Franken betragen. Das reichte jedoch nicht für die Reise in der Businessklasse, das Luxushotel und den Zugang zu einem Formel-1-Rennen im Emirat. Und es wurde bekannt, dass Bustany Beziehungen zur Herrscherfamilie der Vereinigten Arabischen Emirate unterhält. Brisant: Maudet traf gar den Kronprinzen auf der Reise – «per Zufall», wie er sagte.

Am 21. Juni 2018 rügte ihn das Genfer Parlament wegen der Annahme des «luxuriösen Geschenks» im Wert von mehreren Zehntausend Franken. 

Vor zwei Wochen dann gab die Genfer Staatsanwaltschaft bekannt, sie wolle ein Strafverfahren gegen Maudet wegen Vorteilsannahme im Amt führen. Statt Bustany heisst es jetzt, der Kronprinz habe die Reisekosten übernommen.

Doch als Staatsrat geniesst Maudet Immunität und auch wenn er darauf verzichten will, hat über deren Aufhebung das Kantonsparlament zu befinden. Das soll am 20. September geschehen – genau ein Jahr nach Maudets Beinahe-Wahl in den Bundesrat.

Am 5. September räumte Maudet im Genfer Lokalfernsehen Léman Bleu ein, «einen Teil der Wahrheit verheimlicht» und «versagt» zu haben. «Als ich bemerkte, dass ein ausländischer Staat die Reise bezahlte, fand ich das unerträglich und habe versucht, diese Tatsache zu kaschieren», sagte der 40-Jährige. Und entschuldigte sich dafür.

Trotz allem hat die Genfer Regierung beschlossen, dass Maudet als Regierungspräsent und Sicherheitsdirektor im Amt bleibt, aber teilentmachtet wird.

Am Mittwoch, 12. September, deckte die SRF-Sendung «Rundschau» auf, dass die Freunde Maudets knallharte Geschäftsinteressen verfolgten: Via Firma Capvest kauften sie beim Flughafen Genf ein Grundstück für 18,5 Millionen Franken. Zum Zeitpunkt des Kaufs lag dieses noch in der Landwirtschaftszone. Wie die «Rundschau» in Erfahrung brachte, hat der Staatsrat dem ersten Umzonungsschritt zugestimmt.

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