Zum zweiten Mal innert gut drei Monaten verliert die SVP eine Abstimmung in ihrem Kerndossier – der Ausländerpolitik. Nur gerade 33,2 Prozent der Schweizer stimmten gegen das neue Asylgesetz. Wuchtige 66,8 Prozent des Volks und alle Kantone sagten Ja zur Revision, die schnellere Asylverfahren in Bundeszentren zum Ziel hat.
Im Februar ging die SVP bereits mit ihrer Durchsetzungs-Initiative unter. Die gestrige Niederlage jedoch ist vom Stimmenanteil her die grösste Schlappe der Blocher-Partei bei einer ausländerpolitischen Volksabstimmung. Ähnlich schlecht schnitt sie einzig 2008 ab. Damals sagten nur 36,2 Prozent Ja zur Einbürgerungs-Initiative.
Bei allen anderen Ausländer- und Migrations-Abstimmungen gelang es der SVP jeweils, auch Wähler anderer Parteien hinter sich zu scharen. Zweimal gelang ihr sogar ein Sieg im Alleingang. Bei der Ausschaffungs- und der Masseneinwanderungs-Initiative.
Diese Zeiten scheinen vorbei. Der gestrige Tag ist für die SVP ein dreifach schwarzer Sonntag. Denn neben dem Asylgesetz steht die Partei auch bei der Milchkuh-Initiative (70,8% Nein) auf der Verliererseite. Auch bei der Präimplantationsdiagnostik (62,4% Ja), entschied der SVP-Zentralvorstand die Nein-Parole.
Ungewohnt verhalten
Drei Niederlagen an einem Tag – darunter eine deutliche Schlappe im Kerndossier: Die SVP ist seit ihrem Wahlsieg im Herbst im Formtief. Die neue Führungscrew um Parteipräsident Albert Rösti und Asyl-Chef Andreas Glarner scheinen noch nicht fest im Sattel zu sitzen. Statt eine emotionale Debatte um Flüchtlinge zu führen, produzierten die beiden ein Klamaukvideo und blieben sonst erstaunlich stumm. Die SVP gab die Abstimmung verloren, ehe der Kampf begonnen hatte. Ob dies die SVP-Wähler goutieren, wird sich weisen. Sicher ist: Ein Teil von ihnen hat der Partei die Gefolgschaft verwehrt.
«Jede Niederlage schmerzt. Es gibt aber in Zukunft wichtigere Vorlagen, es ging nicht um Sein oder Nichtsein», erklärt SVP-Präsident Albert Rösti BLICK die zurückhaltende Kampagne.
Dennoch sei es kein Fehler gewesen, das Referendum zu ergreifen: «Nur deshalb diskutierte die Schweiz über Enteignungen, über steigende Kosten im Asylbereich und Probleme im Vollzug», so Rösti. Diverse Politiker aus den Mitteparteien hoffen, dass die SVP nun die Deutungshoheit in der Asyl- und Ausländerpolitik im Volk zumindest ein wenig einbüsst.
«Asylpolitik werde stets umstritten sein»
Rösti sieht die SVP nicht in der Krise. «Wir sind gut aufgestellt. Selbstkritisch muss ich aber sagen, dass die Mobilisierung bei dieser Abstimmung zu schlecht geklappt hat.»
Zufrieden, der SVP innert so kurzer Zeit eine zweite Schlappe zugefügt zu haben, ist Simonetta Sommaruga. Das neue Gesetz werde schnellere Asylverfahren bringen, die fair und rechtsstaatlich seien, sagt sie. Dass damit nicht alle Probleme gelöst würden, sei allen klar, so die SP-Bundesrätin. Asylpolitik werde stets umstritten sein.