Im Kampf gegen die Unternehmenssteuerreform III (USR III) kämpft er an vorderster Front: Seit Monaten mahnt Daniel Leupi, Zürichs Säckelmeister, dass die Reform der grössten Schweizer Stadt Steuerausfälle von 300 Millionen Franken pro Jahr bescheren werde. Steuererhöhungen oder ein grösserer Leistungsabbau seien dann unausweichlich, warnt er ohne Unterlass.
USR III problemlos verkraftbar
Falsch, sagt jetzt Severin Pflüger, Rechtsanwalt und ehemaliger Präsident der Finanzkommission des Zürcher Stadtparlamentes. Der Freisinnige zweifelt erstens die 300 Millionen Ausfälle an. Gemäss seinen Schätzungen wird die USR III die Stadt Zürich ein Drittel weniger kosten.
Doch auch 300 Millionen seien «problemlos verkraftbar», sagt Pflüger und schlägt Finanzvorsteher Leupi mit dessen eigenen Zahlen: Gestützt auf die heutigen Regelungen rechnet Leupi im Aufgaben- und Finanzplan mit Steuereinnahmen 2,96 Milliarden Franken im Jahr 2020 – ein Jahr nach Inkrafttreten der Reform. Das sind 313 Millionen mehr als 2015.
Ein Plus von 91 Millionen
Dies unter anderem, weil die Stadt wächst und so mehr Lohn- und Einkommenssteuern von den Einwohnern, Grundstücksgewinnsteuern und weiteres mehr einnimmt. Auch bei den Unternehmenssteuern erwartet Leupi 140 Millionen Franken mehr.
Selbst wenn man davon die 300 Millionen, die die USR III laut Leupi kostet, abzieht, resultiert ein Plus von 13 Millionen. Zudem erhalte die Stadt vom Kanton eine Ausgleichszahlung von 78 Millionen Franken. Macht ein Plus von 91 Millionen – trotz USR III.
Trotz Wachstum resultiert eine Null
Natürlich bringt ein Bevölkerungswachstum nicht nur Mehreinnahmen, sondern auch Ausgaben: für Schulen, Polizei, Spitälern, Pflegeheime und vieles mehr. Gemäss Finanzplan steigen die städtischen Ausgaben aufgrund des Bevölkerungswachstums um 93 Millionen Franken.
Im Endeffekt ergebe sich eine Null, rechnet Pflüger vor. Seine Schlussfolgerung ist klar: Die Stadt Zürich werde auch mit USR III ohne Steuererhöhung auskommen. «Stadtrat Leupi erzählt uns aus ideologischen Gründen nur die halbe Wahrheit.»
Bigler: «Eine einzige Schummelei»
Für Hans-Ulrich Bigler, Zürcher FDP-Nationalrat und Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands, der im Namen der Wirtschaftsverbände für die Reform kämpft, keine Überraschung: «Die Zahlen, die das Nein-Komitee präsentiert, stimmen hinten und vorne nicht», sagt er. «Das ist eine einzige Schummelei und pure Angstmacherei. Das Nein-Komitee schwingt gerne die Moralkeule und lügt dabei, dass sich die Balken biegen», so Bigler, dessen Gewerbeverband es im Abstimmungskampf aber auch nicht immer so genau nimmt. Kürzlich machte er SP-Ständeräte zu Befürwortern der Reform.
Lügen unterstellt Pflüger Leupi nicht. Aber er sagt: «Stadtrat Leupi thematisiert nur die Ausfälle, verschweigt aber, dass die Steuern in seiner Erwartung wachsen werden.»
Leupi windet sich
Und Leupi selbst? Der lässt ausrichten, dass diese Gedanken «nachvollziehbar» sein, die Entwicklung der Steuererträge aber nur schwer vorhersehbar sei. «Das Erreichen der budgetierten Werte erachten wir als durchaus ambitiös», so sein Departementssekretär Jürg Scheidegger.
Zudem fielen in Zukunft substantielle Beträge weg. Beispielsweise müsse die Stadt auf Anordnung des Kantons Rückstellungen auflösen. Die Beurteilung eines Steuerausfalls durch die USR III dürfe keinesfalls auf die Entwicklung «eines höchst ungewissen Steuerbudgetwerts reduziert werden».