Mit dem Kauf des Werbevermarkters Goldbach wird offensichtlich, warum Tamedia die SRG schwächen will
Die Mission des Pietro Supino

No Billag kommt Tamedia gelegen: Verleger Pietro Supino arbeitet seit Jahren darauf hin, die SRG massiv zu beschränken – um mit deutschen Sendern viel Geld zu verdienen.
Publiziert: 31.12.2017 um 10:44 Uhr
|
Aktualisiert: 13.09.2018 um 02:25 Uhr
Pietro Supino, Verwaltungsratspräsident von Tamedia.
Foto: Keystone

Das alte Jahr endete mit einem medien­politischen Coup: Der Tamedia-Verlag will die Goldbach Group kaufen. Die vermarktet Werbefenster für ausländische Sender wie RTL, Sat.1 und Pro7. Tamedia-Präsident Pietro Supino (52) wird damit zum helvetischen Mattscheibenkönig.

Denn Goldbach kontrolliert schon jetzt die Mehrheit des heimischen Markts für Fernsehwerbung. 2016 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 359 Mil­lionen Franken. Die SRG weist für dasselbe Jahr 326,5 Millionen aus.
Nun steht die No-Billag-Abstimmung vor der Tür, und bei einem Ja zur Vorlage am 4. März hätte Tamedia das Monopol auf Fernsehwerbung. Vor diesem Hintergrund wird klar, warum Supino die SRG seit Jahren attackiert, ja sie am liebsten kaputt machen würde: Um mit den Deutschen möglichst viel zu verdienen.

So wirken manche publizistische Salven, die Tamedia-Titel wie «20 Minuten» oder die «SonntagsZeitung» in den letzten Wochen Richtung Leutschenbach abgefeuert haben, nicht mehr ­zufällig: «Drei von vier SVP-Wählern sind für die No-Billag-Initiative»! «So einseitig berichtet SRF über No Billag»! «Weiterhin klares Ja für No Billag»! «57 Prozent Ja zur No-Billag-Initiative»! «Fast drei Viertel aller SRG-Journalisten sind links»!

Der Vorgang erhält zusätzlich Brisanz, weil Tamedia-Verleger Supino auch den Verband Schweizer Medien (VSM) präsidiert. Dieser vertritt die Interessen der meisten Schweizer Verlage. Der VSM fuhr in den letzten zwei Jahren einen äusserst SRG-kritischen Kurs – bis hin zur Forderung, der gebührenfinanzierte Sender solle die Werbung einschränken.

Der Wunsch nach Beschränkung der SRG findet sich im Manifest des VSM: «Die SRG verzichtet auf neue Formen der Kommerzialisierung. Längerfristig sollte sie ganz ohne Werbung und Sponsoring auskommen und die Kommerzialisierung ihres Angebots schrittweise reduzieren.»

Im Dauerfeuer von Supino und dem VSM steht auch der Ringier-Verlag, der mit der SRG und Swisscom die Werbeallianz Admeira eingegangen ist und auch den SonntagsBlick herausgibt: Jeder BLICK-Bericht zum Thema wird argwöhnisch beäugt; die Nerven liegen blank.

Nutzt Supino seine Macht beim Verband, um die Strategie von Tamedia zu unterstützen? Tamedia-Sprecher Christoph Zimmer verneint jegliche Schlagseite: «Weder Goldbach noch Tamedia setzen sich für die No-Billag-Ini­tiative ein. Unsere Redaktionen berichten unabhängig und, wie selbst eine Studie der Universität Zürich feststellt, neutral bis sehr kritisch über die No-Billag-Initiative.» Die Doppelfunktion des Chefs sei problemlos: «Als Präsident des Verlegerverbands setzt Pietro Supino sich seit über einem Jahr für eine konstruktive Lösung des medienpolitischen Konflikts zwischen der SRG und den privaten Medien ein.»

So oder so: Ein denkbares Monopol im TV-Markt ist für die Werbebranche ein Albtraum: «Ein Monopolist könnte beliebig die Preise maximieren, was uns sehr zu schaffen machen würde», sagt Roland Ehrler, Direktor des Schweizer Werbe-Auftraggeberverbands (SWA).

Die Eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) muss den Deal noch absegnen. Man stehe mit den Parteien «in Kontakt», heisst es auf Anfrage. (red)

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?