Über vier gewichtige verkehrspolitische Vorlagen hat das Stimmvolk in den letzten drei Jahren entschieden. Den höheren Vignettenpreis und die Milchkuh-Initiative lehnte es ab. Den Bahnfonds Fabi und die zweite Gotthardröhre winkte es durch.
Drei dieser vier Resultate waren im Sinne von CVP-Verkehrsministerin Doris Leuthard – und im nächsten Jahr dürfte sie einen weiteren Sieg verbuchen: Am 12. Februar 2017 kommt der neue Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) an die Urne. BLICK erklärt, was Sie zur Abstimmung wissen müssen.
Worum geht es?
Im Februar 2014 gab das Stimmvolk der Schaffung eines Fonds für die Finanzierung und den Ausbau der Bahninfrastruktur (Fabi) grünes Licht. Analog dazu soll nun auch für den Unterhalt, Betrieb und Ausbau der Nationalstrassen sowie für Agglomerationsverkehrs-Projekte neu ein unbefristeter Strassenfonds geschaffen werden. Er soll 2018 in Kraft treten und den heutigen, befristeten Infrastrukturfonds ablösen.
Wie wird der NAF finanziert?
Der NAF wird aus verschiedenen Quellen finanziert. Das Geld aus der Autobahnvignette (rund 360 Millionen Fr.) und dem Mineralölsteuerzuschlag (rund 1,8 Milliarden) fliessen vollständig in den NAF. Neu fliessen die Automobilsteuer (rund 400 Millionen) sowie zehn Prozent aus der Mineralölsteuer (rund 250 Millionen) in den NAF.
Ab frühestens 2019 kommt zudem ein Vier-Rappen-Zuschlag pro Liter Benzin und Diesel hinzu (rund 200 Millionen). Und ab 2020 müssen auch Elektro-Fahrzeuge eine Abgabe (rund 90 Millionen) und die Kantone Kompensationsleistungen (rund 60 Millionen) bezahlen.
Wie viel Geld fliesst zusätzlich in die Strasse?
Unter dem Strich fliesst jährlich gut 1 Milliarde Franken zusätzlich in die Strasse. Insgesamt stehen dem NAF zwischen 2018 und 2030 durchschnittlich drei Milliarden Franken zur Verfügung. Davon gehen rund 390 Millionen Franken jährlich in Agglomerationsprojekte.
Gibt es jetzt nur noch ein Strassenkässeli?
Nein. Neben dem NAF bleibt die «Spezialfinanzierung Strassenverkehr» bestehen. In diese fliesst wie bisher die Hälfte der Mineralölsteuer – aktuell rund 1,4 Milliarden Franken jährlich. Aus dieser Kasse werden zum Beispiel Beiträge an die Kantone für Hauptstrassen oder Schutzbauten bezahlt. Auch Beiträge für die Güterverkehrsverlagerung fliessen über die Strassenkasse.
Wer ist für die Vorlage?
Für die Vorlage setzt sich eine breite Befürworter-Allianz ein. Von den Parteien plädieren SVP, FDP, CVP, BDP und GLP für ein Ja. Hinzu kommen prominente Vertreter von SP und Grünen. Auch die gesamte Strassenlobby hat sich hinter die Vorlage gestellt – der Dachverband Strasse Schweiz leitet die Ja-Kampagne. Selbst SVP-Nationalrat und Vignettenbodiger Walter Wobmann (SO) kämpft für einmal Seite an Seite mit Leuthard: «Die Strasse braucht dringend eine gesicherte Finanzierung», sagt Wobmann.
Mit dem Verband öffentlicher Verkehr und dem Informationsdienst für den öffentlichen Verkehr (Litra) kämpfen auch zwei ÖV-Lobby-Verbände für ein Ja. Insgesamt will das Ja-Lager mindestens eine Million Franken für ihre Kampagne aufwerfen.
Die Hauptargumentation der Befürworter: Der NAF ermöglicht und sichert ein leistungsfähiges und attraktives Strassenverkehrsnetz für die Schweiz. Davon profitiere auch die Wirtschaft.
Wer sind die Gegner?
Die SP hat die Nein-Parole beschlossen. Die Grünen dürften dies Mitte Januar tun. Allerdings engagiert sich keine der beiden Parteien stark im Abstimmungskampf. Eine Nein-Kampagne hat einzig der Verkehrsclub der Schweiz angekündigt – und die dürfte sich in kleinerem Rahmen bewegen. Das Nein-Lager wird wohl nur wenige Hunderttausend Franken für seine Kampagne aufwerfen können.
Die Hauptargumentation der Gegner: Rund 650 Millionen Franken, die heute in die allgemeine Bundeskasse fliessen, werden neu in den NAF umgeleitet. Geld, das für andere wichtige Bereiche wie Bildung oder Regionalverkehr fehle.
Zudem haben sie eine ganz andere Vorstellung vom Verkehr der Zukunft: Anstelle einer Strassenoffensive brauche es eine intelligente Nutzung der bestehenden Infrastruktur – etwa über Mobility Pricing und Car-Pooling – sowie stärkere Investitionen in ÖV, Velo-Infrastruktur und Fusswege.