Der Geliebte an Heidi Abels (†57) Seite
Er begleitete sie in den Tod

Am 21. Februar wäre Heidi Abel (1929–1986) 90-jährig geworden. Zu Ehren der bekanntesten weiblichen TV-Figur ihrer Zeit zeigt SRF einen Dokfilm von Felice Zenoni. Darin spricht erstmals Abels früherer Lebenspartner Beat Müller über ihre gemeinsame Zeit.
Publiziert: 09.02.2019 um 23:52 Uhr
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Aktualisiert: 10.02.2019 um 12:42 Uhr
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Heidi Abel in einer Aufnahme in ihrem vorletzten Lebensjahr 1985.
Foto: Schweizer Illustrierte
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Peter PadruttRedaktor People

1986 ist ein düsterer letzter Lebenswinter für den bekanntesten Sonnenschein der Schweiz. Ein Jahr zuvor hat Heidi Abel ihr Häuschen am Lützelsee ZH verlassen und ist in eine Wohnung in der Stadt gezogen. Ihre Brustkrebserkrankung ist weit fortgeschritten, die Schmerzen sind fast unerträglich.

Weil sie nicht im Spital sterben will, wird sie von ihren besten Freundinnen gepflegt. Das Erstaunlichste: Obschon Abel die wohl prominenteste Frau des Landes ist, kennt niemand ausser dem engsten Freundeskreis ihr Schicksal – sie wird abgeschottet. Beat Müller, ihr Lebenspartner von 1970 bis 77, hat ein Abkommen mit der Presse getroffen, insbesondere mit BLICK. «Als letzter Moment von Intimität.»

Die fabelhafte Heidi Abel

Der bisher unbekannte Möbeldesigner ist im Dokfilm «Heidi Abel – Licht und Schatten einer TV-Pionierin» von Felice Zenoni (55), der am 21. Februar zu ihrem 90. Geburtstag läuft (SRF 1, 20.05 Uhr), erstmals zu sehen. «Ihre Leichtigkeit, ihre Eleganz, aber auch ihre Nachdenklichkeit haben mich so begeistert, dass ich ihr einen Fanbrief schrieb», erzählt er. Erstaunlicherweise habe sie sich bei ihm gemeldet.

«Ich hatte damals ein kleines Design-Büro. Die Lehrtochter nahm das Telefon ab und hinterliess mir einen Zettel. Darauf stand: Eine Frau ‹Fabel› hat Sie sprechen wollen.» Fabelhaft sei es dann auch weitergegangen – sieben Jahre Amour fou. Zuvor ist Abel kurz mit dem deutschen Schriftsteller Peter Ernst Rosinski verheiratet.

«Sie tat sich schwer mit Ansprüchen»

Was sie dachte und fühlte, «pfitzte aus allen Ritzen heraus», sagte sie über sich selber. Freundin Doris Werner sieht den Ursprung ihres Talents in einer ewigen Suche nach sich selbst: «Heidi war geprägt von Unsicherheiten und Unzufriedenheit», sagt sie. «Sie tat sich schwer mit den Ansprüchen, die sie an sich stellte.» 

Ihr früherer Vorgesetzter Beat Hierholzer beschreibt es so: «Sie kam mir oft vor wie ein chaotisches Kind, das ein bisschen schusselig war und keine Prioritäten setzen konnte.»

Ihr Markenzeichen: ein Weidenkorb

Ihre wichtigsten Habseligkeiten trug sie stets in einem Weidenkorb mit sich. Wie eine alte Marktfrau, ihrer Zeit aber weit voraus. Viele jüngere Zuschauer, die Abel und Sendungen wie «Musik und Gäste», «Karambuli» oder «Karussell» nicht mehr selber erlebt haben, werden staunen, wie spontan und mit wie viel Herz auf der Zunge sie moderierte.

Die grösste Qualität dieses einzigartigen Naturtalents war jedoch auch seine grösste Bedrohung: Heidi Abel brachte sich mit Leib und Seele ein und konnte sich aus nichts richtig heraushalten.

Im August 1985 wird die Krebserkrankung wieder akut

«Wo wir hinkamen, kannte man sie. Das war ein Problem unseres Privatlebens, eine Form der Vereinnahmung», sagt Müller. Und Doris Werner ergänzt: «Als die Leute erfuhren, dass sie am Lützelsee wohnt, fing eine wahre Völkerwanderung an. Heidi hatte nur noch die Vorhänge unten und ging nicht mehr aus dem Haus.»

Im August 1985 ist die frühere Krebserkrankung wieder akut, und Heidi Abel zieht den damaligen Programmdirektor Ulrich Kündig ins Vertrauen. Offiziell leidet sie an Rückenschmerzen. Ihre Freundin und Arbeitskollegin Sonja Brosi erinnert sich: «Ich kam in ihre Garderobe, sie schaute mich durch den Spiegel an und sagte: ‹Broseli, ich muss sterben.›»

«Ein ganz langsames Auslöschen»

Gegen die Feiertage hin ist ihren Getreuen klar: Das Ende naht. Anna Voegtli erzählt: «Ich fragte sie: ‹Willst du noch einen Weihnachtsbaum?› Sie meinte: ‹Oh ja, das wäre schön.› Am 22. Dezember habe ich noch einen Baum gekauft. Sie war bereits am Dämmern und gar nicht mehr bei den Leuten. Ich sagte: ‹Ich gehe jetzt.› Sie erwachte kurz und sagte: ‹Danke vielmals, Anna.›»

Doris Werner begleitet Heidi Abel in den letzten Stunden. «Heidi war zu müde, um zu reden. Sie lag ruhig im Bett. Dann ist sie ganz friedlich eingeschlafen – in Harmonie mit sich selber», erinnert sie sich. «Es war ein ganz langsames Auslöschen. Man hatte das Gefühl, sie gibt sich hinein, da war nicht der geringste Kampf.»

1,3 Millionen sehen einen schwarzen Bildschirm

In «Schweiz aktuell» vom 23. Dezember sagt Helen Issler: «In der letzten Sendung vor Weihnachten gelangen wir mit einer traurigen Nachricht an Sie. Eine, die wir nicht fassen können. Heute Morgen ist unsere liebe Kollegin Heidi Abel gestorben. Ihre heimtückische Krankheit war also doch stärker als ihre Lebenskraft.»

Dann passiert etwas nie Dagewesenes: Der Sender verstummt für eine Minute, 1,3 Millionen Zuschauer sehen einen schwarzen Bildschirm.

Vielleicht war Heidi Abel die einzige weibliche Ikone, die das Schweizer Fernsehen je hervorbrachte. Vermutlich wurde sie es, weil sie so herrlich wenig vom Fernsehen verstand. Und sich selber treu blieb – bis zu ihrem viel zu frühen Tod mit 57 Jahren.

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