Die letzten Monate haben ihre Spuren hinterlassen. Der ehemalige Fifa-Präsident Sepp Blatter (80) hat abgenommen, trägt jetzt Bart, sieht müde aus. Als ihn ZDF-Moderatorin Dunja Hayali (42) auf sein anderes Äusseres anspricht, entgegnet er: «Ich bin schon etwas gezeichnet. Weil das was mir passiert ist, diese Attacke auf die Fifa, das hat mich erschüttert und ich leide noch heute von diesem Schlag.»
Büchsenbier statt Champagner
In einem schlichten Hemd führt er die Reporterin durch sein persönliches Reich und diese zeigt sich überrascht von der Normalität der Wohnung. Das Wohnzimmer wird von Weiss- und Brauntönen dominiert. Moderne Lampen treffen hier auf einen altertümlichen Globus.
An den Wänden hat Blatter nicht nur Aquarelle von Fussballern im Clinch, sondern auch von sich selbst. «Das hätte ich mir anders vorgestellt«, sagt Hayali. Luxuriöser, grösser, gar mit Bediensteten. Blatter aber gibt sich bescheiden: «Ich komme aus Arbeiterverhältnissen.»
Diese Bescheidenheit zeigt sich auch beim Blick in den Kühlschrank des Multimillionärs. Statt Champagner findet sie Bier: Ein paar Kronenbourg-Dosen. Die französische Marke gehört zu Carlsberg, einem Fifa-Sponsor. «Ich trinke ab und zu Dosenbier, gemischt mit Sprite», sagt Blatter. Sein Panaché macht er mit dem Citro aus dem Hause Coca Cola, einem weiteren Sponsoren.
«Nimm niemals Geld an, das du nicht verdient hast»
Trotz diesen leichteren Gesprächen bleibt natürlich der Elefant im Raum. Korruptionsvorwürfe und angebliche Bestechungsgelder überschatten die Karriere des Mannes, der den Fussball massgeblich geprägt hat. Im vergangenen Jahr gab er vier Tage nach seiner Wiederwahl als Präsident überraschend seinen Rücktritt bekannt.
Die Schweizer Bundesanwaltschaft und gar das FBI ermittelt gegen ihn und am 21. Dezember 2015 wurde der frühere Fifa-Chef von einer unabhängigen Ethikkomission für acht Jahre gesperrt. Blatter weist jegliche Vorwürfe zurück und zitiert eine Weisheit, die ihm sein Vater mitgegeben hat: «Nimm niemals Geld an, das du nicht verdient hast.»
Lieber inkompetent als korrupt
Er habe von etwaigen Schmiergeldern nie etwas gewusst. Als Hayali ihm Videofragen von Zuschauern zeigt, stellt ihm jemand die Frage, wie er von diesen Geschehnissen nichts mitbekommen haben kann. Ob er korrupt oder inkompetent sei. Blatter antwortet: «Gut, dann bin ich lieber inkompetent - weil, korrupt bin ich nicht.»
Später fährt er fort: «Wenn die ganze Situation mit der Fifa geklärt ist, wird es so kommen und da bin ich hundertprozentig überzeugt, es bleibt an Blatter nichts hängen.»
Noch hat Sepp Blatter nicht viel zu lachen. So ist auch das Gespräch in seiner Wohnung grösstenteils eine Verteidigung seiner Person. Eines hält der Walliser aber deutlich fest: «Ich liebe den Fussball immer noch. Und ich liebe die Fifa auch noch. Und ich habe sie eben nicht verraten. Ich würde eher im Gegenteil sagen, dass ich von Teilen der Fifa verraten wurde.» (klm)