Am 3. Juli feiert der beliebteste Schweizer Volksschauspieler sein grösstes Fest. Schauplatz ist der idyllische Greifensee im Kanton Zürich: «Wer ein langes Leben möchte, muss geniessen können», schrieb Walter Roderer in der Einladung an seine Liebsten, Freunde und Weggefährten, darunter der Bauchredner Kliby, der Sänger Pino Gasparini, das Trio Eugster und sein längjähriger Berufskollege Hansjörg Bahl: «Nicht immer, aber oft, habe ich auf meine Balance zwischen Berufung und Lebensfreude geachtet.» Das habe sich ausgezahlt, nun dürfe er seinen 90. Geburtstag feiern – «und das bei guter Gesundheit».
Anina hat schweizerische und rumänische Wurzeln
Auf einen Gast aber freut sich Walter Roderer, den seine Freunde Rodi nennen, ganz besonders: «Auch Anina wird bei meinem grossen Fest dabei sein», sagt er stolz zu SonntagsBlick. Anina, ehemalige Tänzerin an der Berliner Staatsoper, ist Rodis Grossnichte – und die dritte wichtige Frau in seinem Leben. Die Tochter eines Sohnes seiner verstorbenen Schwester ist in Winterthur ZH aufgewachsen und lebte jahrelang unter einem Künstlernamen in Berlin. Anina hat schweizerische und rumänische Wurzeln.
Als Tänzerin war sie von morgens bis abends in der Oper, erzählt Walter Roderer. Mit ihm lerne sie jetzt die grosse weite Welt kennen. Er unterstütze seine Grossnichte, wo es nur geht. Er habe sie auch ermuntert, Italienisch zu lernen. Lebt sie nicht bei ihm, wohnt sie in Florenz (I). Er hat sie auch in seinem Testament erwähnt. Rodi: «Ich will, dass sie später sorgenfrei durchs Leben gehen kann, wenn ich einmal nicht mehr bin.»
Heirat aus Dankbarkeit
Es war vor drei Jahren, als er Anina seine Gefühle offenbarte. In der Biografie «Ein Leben in Bildern» wandte er sich in Briefform an sie: «Liebe Anina, Du bist für mich in meinem hohen Alter ein Geschenk Gottes, und ich danke ihm dafür.»
Im Gespräch mit SonntagsBlick schildert er nun, wie diese Bande zarter wurden: «Ich habe Anina mit der Zeit immer lieber und lieber bekommen. Ich hatte ja nie Kinder.» Auch das grosse Liebesglück hat Rodi nie erlebt. Mit Wehmut in der Stimme sagt er: «Ich hatte bei keiner meiner beiden Ehefrauen Schmetterlinge im Bauch.» Lenke, die 1996 starb, habe er «aus Dankbarkeit» geheiratet. «Sie hielt zu mir, als ich in meinen Anfängen am Hungertuch nagte, sogar an Selbstmord dachte.»
2003 heiratete er seine langjährige Bühnenpartnerin Ruth Jecklin. Rodi erinnert sich: «Sie war schon schwer krebskrank und sagte mir auf dem Spitalbett: ‹Gell, mir ghöred scho zäme.› Ich war so gerührt, dass ich sofort aufs Standesamt rannte.»
Eine tiefe platonische Liebe
Und wie genau verhält es sich nun mit seiner dritten Lebensbegleiterin, dem Jungbrunnen Anina? Sie trat an Ruthlis Beerdigung in sein Leben. Rodi: «Wir schätzen, wir achten, wir lieben uns.» In seinem literarischen Brief schrieb er: «Ich liebe Dich wie ein Grossonkel seine Grossnichte nur lieben kann.»
Und heute, drei Jahre später sagt er: «Ich liebe Anina sehr, aber das ist nur platonisch.» Und fügt an: «Ich weiss, dass unsere Beziehung für viele Menschen grotesk wirkt.»
Er erinnert sich noch genau an den Beginn: Nach Monaten der Trauer über den Verlust von Ruthli plante Rodi 2004 eine Mittelmeer-Kreuzfahrt: «Jemand in der Familie schlug mir vor, ich solle doch Anina fragen.» Sie habe damals gerade ihr Engagement bei der Berliner Staatsoper aufgegeben – und sagte zu. Seither reisen Rodi und Anina um die Welt: Indien, Ägypten, Thailand, Andalusien, Hongkong oder Istanbul – und kürzlich in Rodis Lieblingsstadt Venedig.
Nun freut er sich, mit ihr den 90. Geburtstag zu begehen: «Das wird mein letztes grosses Fest. Ich singe auch nochmals das berühmte Lied über meinen verstorbenen Hund Purzel, den ich ‹saudi-arabischen Schlittenhund› nannte.»
Aber wenn Rodi an die Zeit nach der Geburtstagsfeier denkt, wird er nachdenklich: «Ich habe alle Vorbereitungen für meine Beerdigung schon erledigt, meine Todesanzeige geschrieben und den Grabstein entworfen. Denn ich möchte nicht, dass Anina damit so viel zu tun hat.»
Die Vorstellung, dass Anina sein Sterben miterleben werde, bereite ihm schon heute grosse Sorgen. Darum denkt er am liebsten gar nicht daran. Sondern an all das Gute, das ihm noch bevorsteht: Rodi hofft, dass Anina seinen Lebensabend noch lang verschönern hilft.