Simon Eschle
Warum der SRF-Wettermann eine coole Socke ist

Simon Eschle ist manchmal laut – und schaut, dass das «Meteo»-Team nicht auf dem Trockenen sitzt
Publiziert: 00:48 Uhr
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Aktualisiert: 06:26 Uhr
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Der Textvorschlag von Simon Eschle für dieses Bild: «Mit allen Wassern gewaschen».
Foto: Christoph Kaminski

Darum gehts

  • Simon Eschle: Meteorologe bei SRF und Openair-Vorstand mit vielseitigen Interessen
  • Eschle schätzt Wolkenformen, trägt Wolkensocken und moderiert ohne Teleprompter
  • Ab August moderiert er die Hauptausgabe mit über zehnmal mehr Zuschauern
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Miriam Zollinger, Redaktorin «Tele»
Tele

Man trifft ihn am Zürichsee: dort, wo im Juli das Openair Wollishofen stattfindet. Sofern das Wetter mitspielt. Simon Eschle (29) ist im Openair-Vorstand, aber nicht wegen seinem guten Draht nach oben, sondern weil der Meteorologe es auch mit der Musik hat. Nicht nur als Zuhörer, er singt zudem in einem Chor. Aber das sei wohl eher schwierig zu fotografieren, witzelt er am Telefon, als es vorgängig um die Suche nach passenden Fotosujets ging. Sein Lieblingswetter: sonnig, 25 Grad. «Aber nur, wenn ich im Schatten sein kann.»

Beides bestellt man flugs bei Petrus, damit die Stimmung heiter sei beim Shooting und beim Plaudern. Makellos blauer Himmel wie heute ist vielen ein Anlass zur Freude, für ihn im Job eher weniger. «Da weisst du irgendwann kaum mehr, was erzählen.» Im Hier und Jetzt geht es aber nicht um Prognosen, sondern um Posen. Und da hatte der Fotograf so eine Eingebung von oben … Doch Eschle, der über mehr als ein Quäntchen Humor verfügt, ist sich nicht zu schade, tritt stoisch unter den Schirm und liefert gar den passenden Kommentar. Wie eigentlich zu jedem Bild, das noch entstehen wird.

Überhaupt ist er eine ziemlich coole Socke (auch ganz konkret – mehr dazu später). Drei Jahre ist Simon Eschle nun bei «Meteo» und sagt über seinen Werdegang, was alle dort sagen: nämlich dass er schon immer gern in den Himmel schaute. «Ich finde alle Wolken cool, ihre Formen, wie sie entstehen, einfach alles.» Vor allem aber die wellenartigen Kelvin-Helmholtz- und Asperitas-Wolken, beide leider nur selten zu erspähen.

«Du sitzt mit zehn Leuten da und findest es einfach nur geil, zu sehen, wie so ein einzelnes Tröpfchen entsteht», schildert er eine Vorlesung zur Wolkenphysik, in der man zugegebenermassen erforsche, was sonst niemanden interessiert. «Da bisch scho chli en Nerd.» Als solcher trage er natürlich Wolkensocken, habe sich von einer Bekannten Wolkenvorhänge anfertigen lassen und wünsche sich Wolkenbettwäsche. Fände man ihn nicht schon recht sympathisch, täte man es spätestens jetzt.

«Ein Autoritätsproblem, das habe ich bis heute»

Wie es dazu kam, dass er ist, wo er ist, fasst er nun in ein paar Minuten zusammen. Oder sind es Sekunden? Auf dem Dach die Ruhe selbst, formt der private Eschle seine Sätze nämlich im Orkantempo! In Uster ZH aufgewachsen, geht er als einziges der vier Kinder nicht direkt ins Gymi, sondern zuerst in die Sek. Hier sind Umfeld und Themen völlig anders als am Familientisch, wo von Politik bis Religion über alles geredet wird. «Gute Erfahrung», meint er mit Blick auf die nicht nur leichte Zeit, «aber das sagt man im Nachhinein ja immer». Nach dem Wechsel ins Gymi geht der Knoten auf, mit dem Älterwerden, abgeflauter Pubertät. Lehrerinnen und Lehrer fordert er dort dennoch gern heraus. «Ein Autoritätsproblem, das habe ich bis heute», räumt er ein. Anerzogen von den Eltern, die ihm beibrachten, kritisch zu sein, Dinge und Menschen stets zu hinterfragen.

Ein Artikel aus «Tele»

Das ist ein Beitrag aus «Tele». Das Fernsehmagazin der Schweiz taucht für dich nach den TV- und Streamingperlen.

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Da er schon in der Schule Spass an Geographie hat, macht er einen Bachelor an der Uni, hängt an der ETH einen Master in Atmosphärenwissenschaften an, zieht ein Doktorat kurz in Erwägung, verwirft aber den Gedanken. «Zu abstrakt. Da forschst du an einem Millimeter rum, der drei Menschen auf der ganzen Welt interessiert.» Was er jetzt macht, sei viel konkreter, da das Wetter nun mal alle betrifft, nahe an den Leuten ist. «Und da ich ein Meteorologe bin, der ganz gern redet», er lacht, «war klar, der Job bei SRF ist optimal.» Optimal ist auch sein Timing: Just nach seinem Abschluss wurde eine Stelle ausgeschrieben, befristet allerdings. «Doch ich konnte bleiben, bin total happy.» Eschle strahlt.

Seit Januar wettert er auch auf dem Dach, noch etwas unter dem Radar, da am Mittag. Das ändert ab August, wenn er auch abends da oben steht. «In der Hauptausgabe schauen mehr als zehnmal so viele zu wie am Mittag, das ist schon ein anderer Druck.» Einzige Konzession an das Mehr an Öffentlichkeit: Sein Instagram-Profil ist nun privat. Autogrammkarten? Hat er noch keine. «Ich könnte sie jetzt aber bestellen», grinst er, «die Bilder von heute sind ja perfekt geeignet dafür.»

«Ich finds lustig, mit Leuten zu arbeiten, die Kinder in meinem Alter haben»

Die Arbeit vor der Kamera findet Eschle hochspannend. Im Vergleich zum Radio gesellt sich nun die körperliche Präsenz, Gesten, Mimik dazu. Er spricht wie alle ohne Teleprompter, «Freestyle» nennt er es. Sein schlimmster Patzer bislang? In der Musikwelle. «Ich wollte sagen, ‹ein typischer April-Mix›, ab morgens um neun Uhr, nach sechs Stunden Arbeit, wurde ‹April-Wix› daraus.» Er lacht schallend. Zum Glück sei das nicht im TV passiert, sagt er noch und nimmt einen Schluck Wasser, sonst würde er es wohl bis heute hören. Dafür hört er anderes. «Running Gag im Team ist, wie ich letztes Jahr sagte: ‹Geht wandern morgen, es ist perfekte Fernsicht.› Dann kam Rauch auf, wie neulich aus Kanada – und man sah rein gar nichts.»

Ja, das Team sei ultracool, der unkomplizierte Umgang miteinander toll. Seine Rolle? «Ich gehöre sicher zu denen, die mehr Witze reissen.» Ein Kollege nennt ihn, Gaudenz Flury und Luzian Schmassmann nur «die drei Dezibel-Männer». Simon Eschle ist der Jüngste im Team. Hört er mal wieder, ob das denn nicht Kinderarbeit sei, was er da verrichte, dann kontert er mit Rentnersprüchen. «Eine schöne Position, die ich da habe», findet er. «Im Ernst, ich find’s lustig, mit Leuten zu arbeiten, die Kinder in meinem Alter haben.» Der Benjamin bringt frischen Wind in die Bude. Oder im O-Ton: «Ich halte regelmässig mit Ideen für Neuerungen auf Trab.» Was wiederum diejenigen, die 15 Jahre oder mehr dabei sind, nicht nur mit Freude erfülle. «Ich werde es weiterhin tun», grinst er. Umgekehrt schätze man ihn für die Unterhaltung und dass er viel übernehme, zum Beispiel das Monatsbier organisiere.

Es sei wirklich sein Traumjob, resümiert er. Sicher, die Schichtarbeit sei gewöhnungsbedürftig – vor allem, wenn er nachts um drei Uhr im Büro sein muss. «Manchmal lebt man an seinem Umfeld vorbei. Aber das bringt ja auch Vorteile: freihaben, wenn andere arbeiten.» Auf der faulen Haut liegen ist heute Nachmittag aber nicht angesagt: Da zügelt er nämlich. Wie erwähnt: Eschle ist im Vorstand des Openair Wollishofen. Seit 2022 ist er für die Finanzen zuständig. Nicht gerade prickelnd, wirft man ein. Er nickt. «Das fand ich am Anfang auch, oberlangweilig sogar. Aber Buchhaltung und Budget sind im Fall ziemlich spannend!»

Ein weiteres Ämtli: Meteorologe Eschle entscheidet, ob ein Auftritt einer Band wegen Gewitter abgebrochen wird. «Da müsste ich halt der Stiere sein, der Technokrat, ist zum Glück aber noch nie passiert.» Jaja, es sei schon so ein Tick, dieses Freiwilligending, hält er fest. Und erzählt, dass er acht Jahre Fussballspiele pfiff und seit zwei Jahren Unihockey-Schiri ist. «Ist’s ein cooler Verein, in dem etwas läuft, engagiere ich mich gern.» Und das auch an der Spitze: In der Kanti präsidierte er die Schülerorganisation, an der Uni den Fachverein. «Als Präsi kann man das halt am besten, ein bisschen pushen, eine Richtung vorgeben.» Ach ja, nicht zu vergessen: Nach wie vor steht Eschle dem Ehemaligen-Chor seines Gymis vor.

Vielbeschäftigt und gesellig

Zweifelsohne, der Zürcher ist ein Mann mit vielen Talenten. Und wie steht’s mit Schwächen? An dieser Stelle offenbart er nur eine: «Ich habe eine schreckliche Schrift.» Zum Glück braucht er die ja kaum mehr, seine Agenda führt er jedenfalls digital. Und die sei meist recht voll, bestätigt er. Es gebe Wochen, wo er vor lauter Treffen und Aktivitäten keinen Abend freihat. «Ich bin sozial hyperaktiv.» Das könnte er zwar ändern, will es aber nicht. «Menschen sind mein Lebenselixier.» Obwohl, fährt er fast ein wenig nachdenklich fort, er schätze es je länger je mehr, auch mal Zeit für sich zu haben.

Wollte man Simon Eschle ein Etikett verpassen, würde er sicher in der Schublade «gesellig», «offenherzig» landen. Sehr geerdet auch. Geschätzt fünfzig Mal hat man herzhaft gelacht in dem knapp sechzigminütigen Gespräch mit diesem so gar nicht nüchternen Naturwissenschaftler. Kaum vorstellbar, dass bei so einem sonnigen Gemüt mal sieben Tage Regenwetter herrscht, oder? Eschle stimmt zu. «Tatsächlich bin ich selten schlecht drauf – und falls doch, hilft feines Essen.» Ein guter Koch sei er zwar nicht, aber einer seiner Brüder führt ein Restaurant im Zürcher Oberland, da ist er gern zu Gast. So, nun sollte er aber los und vorgängig auch noch etwas essen, die Zügelei braucht schliesslich Energie. Und der Butterbrezel, den er beiläufig ass, war doch recht klein. Eine Prognose zum Schluss: Wenn Simon Eschle ab August auch nach der «Tagesschau»-Hauptausgabe auf dem Leutschenbach-Dach steht und seine Wolkensocken präsentiert, wird es Fan-Pakete hageln auf der «Meteo»-Redaktion. 

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