«Mein Kardiologe sagte: ‹Noch eine Line, dann bist du tot›»
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DJ Mr. Pink gab Kokain auf:«Kardiologe sagte: ‹Noch eine Line, dann bist du tot›»

Mr. Pink schockt mit Lebensbeichte
«Noch eine Linie Koks und du bist tot»

Er verdiente über 300'000 Franken im Jahr. Heute lebt der einst gefeierte DJ Mr. Pink vom Sozialamt. Die letzten Jahre bestimmten Kokain, Gefängnis und Armut das Leben von Andreas Pereira-Hohl.
Publiziert: 00:05 Uhr
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Der einst gefeierte House-DJ Mr., bürgerlich Pink Andreas Pereira-Hohl, ist froh, Kokainsucht, vier Nahtoderlebnisse und einen Blitzschlag überlebt zu haben. Das erzählt er am 15. Oktober in der Nähe des Zürcher Waid-Spitals.
Foto: Raphaël Dupain

Darum gehts

  • DJ Mr. Pink erlebte Aufstieg, Absturz und vier Nahtoderfahrungen
  • Kokainsucht führte zu Obdachlosigkeit, Selbstmordversuch und Herzinfarkt
  • Nach 15 Jahren Sucht plant er eine Ausbildung zum Suchtbegleiter
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Als DJ Mr. Pink wurde Andreas Pereira-Hohl (45) gefeiert. Ein König der Nacht, der neben Star-DJ David Guetta (47) am Pult stand und Tausende in Ekstase versetzte. Das ist viele Jahre her. Eine Zeit, in der Mr. Pink monatlich rund 30'000 Franken verdiente. Groupies warteten vor seiner Garderobe, Kokain wurde sein Begleiter. Was folgte, war sein kompletter Absturz. Die Buchungen wurden weniger, die Kosten blieben.

Der sri-lankisch-schweizerische House-DJ wurde straffällig, sass 2017 elf Monate wegen Betrug im Gefängnis. Die letzten fünf Jahre verstummte er auch als Mensch. Bis er sich vor wenigen Tagen bei der Blick-Redaktion per E-Mail meldete. Er wolle vom Sommer erzählen, in dem er viermal gestorben sei. Zu seiner Schockbeichte legte er die medizinischen Austrittsberichte von zwei Spitälern und einer psychiatrischen Einrichtung bei.

Isolation und Obdachlosigkeit

Beim Treffen unweit der Suchtfachklinik Zürich, in der er die letzten Wochen verbrachte, sitzen wir auf einem Bänkli. Sein Haar ist ergraut, drei Zähne sind defekt, er um einiges schwerer geworden. Wer ihn von früher kennt, sieht noch immer den Glanz in seinen Augen, auch wenn dieser heute matter ist. Seine Geschichte ist so brutal, dass sie nur das Leben schreiben und ein Mensch sie überleben kann. In dem Fall – Mr. Pink.

«Ich habe alles verloren oder an die Wand gefahren. Freundschaften, Chancen, meine Familie. Was mir geblieben ist, war Lebensangst, über 100'000 Franken Schulden und meine Kokainsucht.» Fünfzehn Jahre im Bann des weissen Pulvers. «Früher gehörte es zur Partyszene. Ich war ein Mitläufer, wollte lachen und feiern.» Oft sei es ihm gratis angeboten worden, sonst habe er bezahlt. Bis zu 1000 Franken die Woche. So genau wisse er es nicht mehr. «Ich habe mir immer gesagt, ich bin kein Junkie, weil ich Koks ‹nur› gesnieft habe.»

Die Folgen seiner Sucht waren soziale Isolation, Verwahrlosung bis zur Obdachlosigkeit. Der einst schillernde Mr. Pink lebte in seiner eigenen Dunkelheit, die er nicht mehr ertrug. Am Freitag, 25. Juli, wollte er seinem Leben ein Ende setzen.

Blitzschlag und Suchtklinik

Zwei Tage lang habe er nach dem Suizidversuch bewusstlos im Wald gelegen. «Es war kalt und nass. Ich hatte mich eingenässt, spürte starken Schmerz in der rechten Schulter.» Getrieben von einem letzten Überlebenswillen, schleppte er sich aus dem Wald ins nahe gelegene Dinhard ZH, wie er erzählt. «Dann wurde ich vom Blitz getroffen. Es war ein unvorstellbarer Schlag, der mich aus den Schuhen riss und zu Boden warf.» Eine Passantin rief den Notruf. Andreas Pereira-Hohl lag barfuss auf dem Bauch auf der Strasse. Durchnässt, verdreckt, ohnmächtig. Neben ihm lagen – gemäss Aussagen des Rettungsdiensts – Autoteile, ein Auto sei jedoch nicht vor Ort gewesen.

Er wurde ins Notfallzentrum des Kantonsspitals Winterthur gebracht. Es war am 27. Juli. «Als ich aufwachte, brach ich zusammen. Ich weinte wie ein Kind und habe zum ersten Mal im Leben gesagt, dass ich Hilfe brauche», erzählt er mit Tränen in den Augen. Am 29. Juli kam er für zweieinhalb Wochen in eine psychiatrische Einrichtung. Begab sich dann freiwillig in die Zürcher Suchtfachklinik. Den Kokainentzug beschreibt er so: «Körperlich hatte ich keine Schmerzen. Am schlimmsten war der Krieg in meinem Kopf. In den furchtbaren Gedanken habe ich mich selbst verloren.» Und in Therapiegesprächen erkannt: «Dass nicht immer die anderen schuld an meiner Situation sind. Ist es nicht verrückt, dass ich 45 Jahre alt werden musste, um dies einzusehen?»

Er ist gestorben, um zu leben

Am 29. September – zwei Monate nachdem der ehemalige Musikproduzent einen Suizidversuch überlebt hat und vom Blitz getroffen wurde – ist Mr. Pink in der Klinik. Andreas Pereira-Hohl sitzt auf einem Stuhl und erleidet einen Herzinfarkt. Bei der Not-Operation im Universitätsspital Zürich «blieb mein Herz viermal stehen – viermal holten mich die Ärzte zurück». Er habe sein Leben wie einen Film an sich vorbeiziehen gesehen. «Ich habe mich dafür geschämt und gewusst, dass ich so nicht enden will.»

Nach dem Eingriff sei der zuständige Arzt an sein Bett gekommen und habe ihm gesagt: «Noch eine Linie Koks und du bist tot.» Der einst schillernde Mr. Pink habe sich bei ihm bedankt und gesagt: «Ich bin gestorben, um zu leben.» Worte, die sich wie ein Mantra in seine Gedanken gebrannt hätten. Der Weg, der vor ihm liegt, ist noch lang. Die nächsten acht Monate wird er in der Reha verbringen. «Ich bin seit bald drei Monaten clean. Lerne, zu fühlen, ohne zu flüchten. Das ist härter, als sich Koks hereinzuziehen.» Die Freunde sind weg. Die falschen und die richtigen. «Bei den guten möchte ich mich entschuldigen. Und denen danken, die heute an meiner Seite stehen: den Fachleuten, meiner Krankenkasse und dem Sozialamt.»

Das alte Leben von Andreas Pereira-Hohl lagert in 24 Bananenkisten in einem Keller. Sein neues sieht er mit beiden Beinen auf dem Boden stehend. «Wenn ich gesund bin, möchte ich eine Ausbildung zum Suchtbegleiter machen. Um den Menschen aus der Hölle zu helfen, in der ich so lange gefangen war.»

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