Wir gingen abends auf Shoppingtour mit der Idee, noch eine CD mit Indianermusik einzukaufen. Wir schauten uns auch Indianerschmuck an, aber Steve nahm mich in die Arme und sagte: «Schau, morgen kommen wir in das Gebiet der Navajo-Indianer, die für ihre Fertigkeiten in diesem Bereich sehr berühmt sind. Ich warte schon seit Jahren darauf, dort Schmuck einzukaufen, und besonders zwei Ringe für uns.»
«Toll, ein weiterer Freundschaftsring», erwiderte ich begeistert, besitze ich doch bereits zwei Weissgoldringe mit Brillanten, symbolisch für Freundschaft und Verlobung. Und wir sagten immer im Spass, dass der dritte Ring für «Heirat» stehen würde.
«Genau darum geht es ja auch», erwiderte Steve in vollem Ernst. «Der Ring, den wir morgen Abend kaufen, wird der Ehering sein!» Ich schaute ihn liebevoll an. Daraufhin eröffnete er mir: «Lieber Schatz, du weisst, dass ich im Januar dank ‹Rock meets Classic› noch Geld bekomme. Damit werde ich uns Ferien in Mirihi buchen und dafür sorgen, dass wir dort eine symbolische Hochzeit feiern können, so, wie du es dir immer gewünscht hast – mit Blümchen im Haar!» (...)
Der Himmel verdunkelte sich
Am Morgen machten wir uns auf den Weg nach Las Vegas. Steve fühlte sich etwas im Stress, wollte er doch nie derjenige sein, auf den alle warten müssen. Aber der Respekt vor dem zunehmenden Verkehr bewirkte, dass wir immer weiter nach hinten zurückfielen und irgendwann an zweitletzter Stelle fuhren.
Der Truck, der später den verhängnisvollen Unfall verursachen sollte, überholte uns in dieser Zeit zweimal. (...)
Plötzlich begann es leicht zu regnen und am Himmel wurde es ganz dunkel ... Vor uns stand plötzlich die ganze Gruppe und wir mussten relativ schnell auf den Pannenstreifen einbiegen und kamen dann ziemlich weit von der Strasse entfernt auf diesem Streifen zum Stehen.
Alles ging ganz schnell
Wie ich später erfuhr, hatte unser «Anführer» ein technisches Problem. Steve dachte jedoch, wir hätten haltgemacht, um uns den Regenschutz überzuziehen. Dann ging alles ganz schnell. Steve packte den Regenschutz für sich und mich aus und reichte mir den meinen. In diesem Moment nahm ich noch wahr, wie Remo sagte: «Passt auf, Freunde, Pannenstreifen hin oder her, die fahren hier wie die Wahnsinnigen!»
Kaum hatte er seine Worte ausgesprochen, machte ich einen grossen Schritt Richtung Gebüsch. Und während ich dort den Reissverschluss meines Regenschutzes öffnete, hörte ich einen dumpfen Schlag und sah Steve an mir vorbeifliegen. Er schubste mich vorwärts und fast zeitgleich vernahm ich ein ohrenbetäubendes Geräusch, als unser Bike wenige Zentimeter hinter mir zu Boden knallte.Direkt neben meinen Beinen kam Steve zum Liegen. «Bist du verletzt?», hörte ich die anderen rufen. «Nein», schrie ich zurück, «aber Steve!»
Ich war unheimlich nervös, sah den kaputten Rücken von Steve, dachte nur «Rollstuhl!» und wies die anderen an, sofort mit anzufassen. Ich zählte laut: «Eins, zwei, drei, vier, jetzt drehen!»
Langsam drehten wir ihn auf den Rücken, sein Gesicht war leichenblass. Ich weiss noch, wie ich zu den anderen sagte: «Ich werde bis zu seinem Lebensende bei Steve bleiben, auch wenn er im Rollstuhl ist.» Und dann begannen wir mit den Wiederbelebungsversuchen.
Eine Frau, die einst im Irak arbeitete, sprang aus einem Auto, massierte Steves Herz und wies Remo an, wie er Steve beatmen sollte.
Ich sah zu, wie Steves Gesicht blau wurde und wusste instinktiv: Wenn er diese Verletzungen überleben sollte, dann würde er geistig behindert oder hirntot sein. Kurz darauf kam der Helikopter.
Alle standen unter Schock
Ich fragte immer wieder, wie denn alles passiert sei, ich war ja mit dem Rücken zu Steve gestanden. Jeder der Gruppe stand unter Schock und erzählte mir was anderes. Dadurch, dass die meisten von grösserer Distanz zugeschaut hatten, war allen ausser mir schnell klar, dass wir alle hätten tot sein können.
Der Truckfahrer hatte die Kontrolle über sein grosses, schweres Fahrzeug verloren und alle mehr zur Strasse stehenden Motorräder gerammt. Das nächststehende Motorrad zu Steve wirbelte deshalb durch die Luft und erschlug dabei Steve, der die fliegende Harley mit seinem Körper blockierte und so mein Leben rettete. Ich stand weniger als einen Meter bei Steve. Ich danke heute Gott, dass ich nicht Zeugin war, wie Steve erschlagen wurde.
«Folge dem Licht, meine grosse Liebe!»
Ich sprach schon mit Steve in Gedanken, als man noch versuchte, ihn wiederzubeleben. Alles ging so schnell und ich kann mich heute nur noch daran erinnern, dass mein Schatz ganz laut für Bruchteile von Sekunden in meinem Kopf schrie: «Was ist mit mir, wo bin ich?» Ich antwortete ihm in Gedanken, ohne zu überlegen: «Folge dem Licht, meine grosse Liebe!»
Dann verliess mich meine gespenstische Ruhe und ich musste hinter das Gebüsch, Wasser lassen. Einmal, zweimal, bis mein Bauchnabel richtig einfiel und ich innerlich beinahe austrocknete. Die ganze Trauer entwich aus meinem Bauch. Während meine Nerven Achterbahn fuhren, gewahrte ich einen Mann, der auf die Fahrbahn lief. Der Truckfahrer. Was hatte er im Sinn? Irgendetwas zwang mich zu ihm hin – die anderen glaubten schon, ich wollte mich unter ein Auto werfen. Jemand bewegte sich auf mich zu, aber ich sagte nur: «Don’t worry, I have two kids at home.»
Dann ging ich zum Truckfahrer, zog ihn nur sanft zurück und sagte leise: «This is our destiny. You are young, don’t do that, don’t do that!» Dann kam Marc zu mir, nahm mich fest in die Arme mit den Worten: «Brigitte, sei jetzt stark. Er ist von uns gegangen, er ist weggegangen.» Ich schaute ihn an, murmelte nur leise: «Ja, ich weiss es schon.»
ENDE
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Blick: Warum haben Sie das Buch geschrieben?
Brigitte Voss-Balzarini: Ich hatte schon im Frühling 2010 ein Buch darüber geplant, mit welchen Annehmlichkeiten, aber auch Problemen man als Frau an der Seite eines Rockstars konfrontiert wird. Steve fand das eine tolle Idee. Leider ist es anders gekommen … Das Buch trotzdem zu schreiben, hat mir stark geholfen, die Trauer über seinen Tod zu verarbeiten.
Doch das Buch stösst auf Kritik.
Ich bin mir bewusst, dass viele Leute mit Unverständnis reagieren. Aber es ist ja kein skandalöses Enthüllungsbuch geworden. Beim Schreiben war mir am wichtigsten, dass Steves Andenken gewahrt wird und seine Fans nicht irritiert sind.
Das Buch erscheint nur sechs Monate nach seinem Tod. Ist der Zeitpunkt nicht zu früh?
Je länger ich gewartet hätte, desto negativer wären die Reaktionen gewesen. Die Verarbeitung einer solchen Tragödie geschieht in der Regel im ersten Jahr. Wie wäre es bei den Leuten angekommen, wenn ich das Buch erst nach zwei Jahren veröffentlicht hätte? Dann hätte mir doch jeder vorgeworfen, viel später noch Kapital daraus schlagen zu wollen.
Tun Sie das denn jetzt nicht auch?
Nein. Mit dem Buch schliesse ich mit meiner Vergangenheit ab. Ich wollte Frieden schliessen mit meinem Schicksal. Und zwar so schnell wie möglich.
Warum haben Sie nicht einfach Tagebuch geschrieben?
Ich wurde oft von Leuten angesprochen, die ebenfalls Menschen verloren haben. Sie wollten wissen, wie ich mit der Trauer umgehe. Ich merkte, dass ich meine Trauer besser überwinden kann, wenn ich sie teile. Und vielleicht anderen Menschen helfen kann, einen Ausweg aus ihrer Trauer zu finden.
Würde das Buch Steve gefallen?
Er würde es zu traurig finden. Steve war so ein lustiger Mensch. Aber eben: Alles ist ganz anders gekommen als geplant.
Interview: Dominik Hug
Blick: Warum haben Sie das Buch geschrieben?
Brigitte Voss-Balzarini: Ich hatte schon im Frühling 2010 ein Buch darüber geplant, mit welchen Annehmlichkeiten, aber auch Problemen man als Frau an der Seite eines Rockstars konfrontiert wird. Steve fand das eine tolle Idee. Leider ist es anders gekommen … Das Buch trotzdem zu schreiben, hat mir stark geholfen, die Trauer über seinen Tod zu verarbeiten.
Doch das Buch stösst auf Kritik.
Ich bin mir bewusst, dass viele Leute mit Unverständnis reagieren. Aber es ist ja kein skandalöses Enthüllungsbuch geworden. Beim Schreiben war mir am wichtigsten, dass Steves Andenken gewahrt wird und seine Fans nicht irritiert sind.
Das Buch erscheint nur sechs Monate nach seinem Tod. Ist der Zeitpunkt nicht zu früh?
Je länger ich gewartet hätte, desto negativer wären die Reaktionen gewesen. Die Verarbeitung einer solchen Tragödie geschieht in der Regel im ersten Jahr. Wie wäre es bei den Leuten angekommen, wenn ich das Buch erst nach zwei Jahren veröffentlicht hätte? Dann hätte mir doch jeder vorgeworfen, viel später noch Kapital daraus schlagen zu wollen.
Tun Sie das denn jetzt nicht auch?
Nein. Mit dem Buch schliesse ich mit meiner Vergangenheit ab. Ich wollte Frieden schliessen mit meinem Schicksal. Und zwar so schnell wie möglich.
Warum haben Sie nicht einfach Tagebuch geschrieben?
Ich wurde oft von Leuten angesprochen, die ebenfalls Menschen verloren haben. Sie wollten wissen, wie ich mit der Trauer umgehe. Ich merkte, dass ich meine Trauer besser überwinden kann, wenn ich sie teile. Und vielleicht anderen Menschen helfen kann, einen Ausweg aus ihrer Trauer zu finden.
Würde das Buch Steve gefallen?
Er würde es zu traurig finden. Steve war so ein lustiger Mensch. Aber eben: Alles ist ganz anders gekommen als geplant.
Interview: Dominik Hug