Die Gedanken an Steve beschäftigten mich unablässig. Wie mochte es ihm wohl ergangen sein, wie geht es ihm heute? Mein Respekt vor seiner privaten Situation war zu gross, als dass ich versucht hätte, ihn telefonisch zu erreichen.
Nicole verurteilte meine Zurückhaltung und riet mir, unbedingt mit Steve Kontakt aufzunehmen.
Erneutes Treffen mit Steves Frau
Weil sie aber bei mir auf taube Ohren stiess, arrangierte sie erneut ein Treffen mit Steves Frau Karin, um so etwas Bewegung in die Angelegenheit zu bringen. Der Abend in einem Restaurant in Lugano wurde ebenso unterhaltsam wie der erste, den ich mit Karin verbracht hatte. Allerdings zeigte sie dabei – wie schon von Nicole vorhergesagt – ihr anderes Gesicht.
Aufgrund verschiedener Begebenheiten konnte ich nun alle vorherigen Bedenken über Bord werfen. Der gemeinsam mit Karin verbrachte Abend überzeugte mich vollends, nun auf Steve zuzugehen.
Zwei Nächte lang überlegte ich mir Mittel und Wege, bis mir ein Zufall zu Hilfe kam: Meine langjährige Freundin Yolanda aus Luzern, Journalistin von Beruf, sollte noch in derselben Woche ein Interview mit Steve machen. Als Termin wurde der 13. Februar, ein Tag vor dem Valentinstag, angesetzt.
Ich händigte ihr einen Brief mit meinen Kontaktdaten aus und bat sie, ihn Steve bei dieser Gelegenheit zu übergeben.
Erste Liebesnacht
Er rief mich noch am gleichen Tag an und meinte, dass er mich auf seiner kommenden Radio-Tour in Deutschland sehr gerne sehen würde. Und so vereinbarten wir ein Treffen an seinem letzten Interview-Tag in München.
Um Mitternacht kam er in mein Hotelzimmer, um auf eine erfolgreiche Woche mit Champagner anzustossen. Langsam wurde die Stimmung lockerer und er gestand mir, dass er schon seit Monaten ständig an mich dachte. Ich erwiderte nichts, nahm nur sanft sein Gesicht in meine Hände und küsste ihn.
Dann trat ich zwei Schritte zurück, schaute ihn voller Liebe an und sagte: «Ich kann’s nicht glauben, wie habe ich dich vermisst, mein Schatz.»
Er trug mich sanft auf seinen Armen ins Bett und küsste mich, zuerst ganz zärtlich, dann immer leidenschaftlicher. Eine unvergessliche erste Liebesnacht nahm ihren Anfang …
Am nächsten Morgen huschte Steve in sein Zimmer zurück mit den Worten: «Bitte, bitte, Schatz, ruf mich ja nicht an, sonst bekomme ich riesige Probleme – ich melde mich so bald wie möglich bei dir!» Das tat ich dann auch konsequent, bis zu dem Zeitpunkt, eineinhalb Jahre später, als wir offiziell ein Paar waren.
Kein Anruf, keine SMS von mir – nur auf seine antwortete ich sofort, damit es nicht der falsche Zeitpunkt war.
Schliesslich zählte nur eins: dass dieser Mann, den ich immer mehr liebte, keine Schwierigkeiten wegen mir bekam. Drei Wochen nach dieser ersten Offenbarung gingen Gotthard auf Österreich- und Deutschlandtournee. Steve liess mich heimlich an jedem freien Tag zu sich kommen.
Um keine Probleme heraufzubeschwören, hatte ich jeweils mein eigenes Hotelzimmer, und so entwickelte sich ein lustiges Showlaufen: Sei es, weil Steve mit dem Frühstückstablett durch die Hotelgänge huschte, sei es, weil ich leicht verhüllt von seinem Hotelzimmer in meins zurückschlich.
«Human Zoo»-Tour
Diese «Human Zoo»-Tour blieb uns jedenfalls in bester Erinnerung! Wenn wir uns eine Zeit lang nicht sahen, vergingen wir beinahe vor Sehnsucht – und wenn wir uns dann endlich in den Armen lagen, verbrachten wir nahezu den ganzen freien Tag im Bett und verliessen das Zimmer nur, wenn uns der Hunger plagte. Ich hätte Steve mit Haut und Haaren auffressen können, so verliebt war ich.
Steve erging es ebenso: Manchmal drehte er mich vor sich im Kreis herum und sagte: «Ich kann mich kaum an dir sattsehen!» Wir hatten beide ein enormes Nachholbedürfnis. Ich war schon längere Zeit Single und Steve unterhielt mit Karin seit Jahren nur noch eine geschwisterliche Beziehung.
Jahre später erzählte mir Steve, dass die «Human Zoo»-Tournee psychisch die beste Tour seines Lebens war: Nie war er ausgeglichener, gesünder und so voller Energie.
Eine letzte Chance
Am Ende der Tour, ich lag noch eng umschlungen mit ihm in einem Hotelzimmer in Oberhausen, da nahm er mein Gesicht in seine Hände und sagte sehr ernst: «Meine liebe Prinzessin, du musst jetzt ganz stark sein, denn ich möchte dir mitteilen, dass ich jetzt nach Hause gehe und meiner Frau noch einmal eine Chance geben will. Das hat sie verdient. Vielleicht hörst du ein paar Wochen nichts von mir.»
Mein Mund zuckte, aber ich erwiderte tapfer und gefasst: «Ja, mein Schatz, ich verspreche dir, solange es für dich stimmt, will ich deine Geliebte bleiben und dich zu nichts drängen.» Noch am nächsten Tag fuhr ich traurig nach Hause und staunte nicht schlecht, als ich bereits einen Tag darauf von Steve einen sehr zärtlichen Anruf erhielt. Dabei fragte er mich, was ich für ihn empfinden würde.
In schlechter Stimmung, da ich gerade drauf und dran war, mich im Spital operieren zu lassen, antwortete ich ihm ganz ernst: «Wenn es irgendwelche Komplikationen geben sollte, möchte ich, dass du weisst, dass diese Tournee für mich zu meinen unvergesslichsten Momenten in meinem bisherigen Leben gehört.»
Wir verabschiedeten uns gefühlvoll, uns darauf einstellend, dass es für längere Zeit unser letztes Gespräch bleiben würde.
Aber Steve hielt es nicht lange aus: Schon einen halben Tag, nachdem er zu Hause angekommen war, stahl er sich ins Dorf, angeblich, um Brot zu holen. Kurz angebunden hauchte er mir in den Hörer, wie er mich vermisste und bald wieder sehen müsste, bevor er eilig die Verbindung abbrach. Das genügte, um mich den Rest meines Spitalaufenthaltes in eine Art Rauschzustand zu versetzen.