BLICK unterwegs mit Nadine Strittmatter
«Ich bin an einem Wendepunkt meines Lebens»

Sie ist das bekannteste Model der Schweiz, jettet um die Welt. Am entspanntesten ist Nadine Strittmatter (28) aber in Arosa.
Publiziert: 28.12.2012 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:45 Uhr
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Nadine mag Pferde. Ihr Vater führt in Arosa den Pferdestall Weierhof.
Foto: Samuel Trümpy
Von Dominik Hug

Arosa GR, 1775 Meter über Meer. Temperatur: minus acht Grad. Nadine Strittmatter trägt eine dicke Daunenjacke, darunter ein kurzes Lederjäckli. «Wahnsinn, wie kalt es heute ist», stöhnt sie und reibt sich theatralisch die Hände, um sich aufzuwärmen. Zu ihren Füssen bellt Hund Blue (6), tollt übermütig im Schnee herum. Die Kälte scheint dem Jack Russell  nichts auszumachen. «Im Gegenteil», sagt Strittmatter und lacht. «Bei diesen Temperaturen taut der Hund erst richtig auf.» Blue sei ganz anders als sie. «Ich fühle mich an der Wärme wohler. Sand und Meer sind mehr mein Ding.»

Dennoch reist das 1,83 Meter grosse Model so oft wie möglich nach Arosa. Schon als Kind hat sie ihre Winterferien im höchstgelegenen Ort im Schanfigg verbracht. Ihre Eltern besitzen ein Chalet gleich neben einem Skilift. «Das war für mich damals natürlich paradiesisch», erinnert sie sich. Stundenlang sei sie die Pisten hinuntergeflitzt, habe im Garten Schneemänner gebaut oder sei auf der Eisbahn Schlittschuhlaufen gegangen.

Heute fährt Strittmatter nicht mehr viel Ski. Sie arbeitet meist, in New York und Paris, fliegt oft in der Welt herum. Seit zehn Jahren gehört sie zu den erfolgreichsten Models der Schweiz. Beim nationalen Elite-Model-Look-Wettbewerb landete sie 2000 zwar nur auf dem fünften Platz. Mit ihrer Karriere ging es trotzdem steil nach oben. Armani, Lagerfeld, Chanel und Dior holten die Aargauerin mit den Traummassen 86-60-88 auf den Laufsteg. Sie schmückte die Titelseiten von «Vogue», «Elle» und «Maxim», und sie ist bis heute die einzige Schweizerin, die eine «Victoria’s Secret»-Show machen durfte.

Arosa sei der perfekte Ort, um zur Ruhe zu kommen, sagt Strittmatter. Wenn sie hier oben sei, lese sie viel (zurzeit: Edgar Mitchell «The Way of the Explorer»), schlafe noch mehr. Oder sie entspanne sich im Spa-Bereich des Hotels Tschuggen Grand. «In Arosa ticken die Uhren langsamer als anderswo», erklärt sie. «Es passiert nicht viel, deshalb kann man auch nicht viel verpassen. Das ist perfekt zum Abschalten und die Batterien neu laden.» Was sie am Dorf am meisten mag: «Es ist kein Nobelort, sondern bodenständig geblieben. Hier wird nicht geprotzt, Cüpli-Veranstaltungen gibt es auch kaum. Hierher kommt man, um sich mit sich selbst zu beschäftigen, oder die Natur zu geniessen.» Das mache sie im Sommer allerdings lieber als im Winter, schmunzelt sie mit geröteten Wangen.

 «Diese totale Freiheit zu verspüren, ist ein wunderbares Gefühl»

Nadines Vater Konrad (58) ist im Aroser Dorfleben sehr aktiv. Seit 2005 organisiert er das jährliche Arosa Classic Car, ein Bergrennen mit Oldtimern, das Fahrer und Fans von überall in Europa ins Bündnerland lockt. Und seit September betreibt er auch den Stall Weierhof mit einem knappen Dutzend Pferden, die für Schlitten- und Kutschenfahrten vermietet werden. Ein Grund für seine schöne Tochter, künftig noch öfter nach Arosa zu kommen. «Ich hatte grosse Freude, als mir Papi erzählte, dass er diesen Stall übernehmen will», sagt sie. «Reiten ist mein liebstes Hobby!» Als Teenager nahm sie in der Nähe von Baden AG Reitunterricht, besass viele Jahre ein eigenes Pferd. Als sie 2002 nach New York zog, hat sie das Pferd verschenkt.

Strittmatter sitzt auf einer Bank nur einen Steinwurf von der Bergkirche entfernt und blickt hinunter ins Tal. An ihre Seite hat sich Hund Blue gekuschelt, der mittlerweile zu müde ist, um durch den Schnee zu jagen. Langsam verschwindet die Sonne hinter dem Bergmassiv. Sie habe in den letzten zwei Jahren viel über ihre Zukunft nachgedacht, sagt Strittmatter. Ihre Modelkarriere hat sie in dieser Zeit absichtlich gebremst, etliche Aufträge abgesagt, um sich besser auf die Schauspielerei konzentrieren zu können. Sie hat nach anderen spannenden, beruflichen Herausforderungen geforscht, mit denen sie «erfüllt und zufrieden» alt werden könne, wie sie sagt. «Man kann ja nicht ein Leben lang nur Model sein.» Die kurze Halbwertszeit gehört zu den Gesetzmässigkeiten dieses Berufs. «Aber es würde mich auch langweilen, für die nächsten 30, 40 Jahre nur noch zu posieren.»

Das Model zieht es je länger je mehr auch hinter die Kamera. Einen ersten Versuch hat sie bereits hinter sich. 2011 drehte Strittmatter mit einer Freundin in Arosa den Kurzfilm «Sweet Focus», der im Frühjahr am Festival in Cannes (F) gezeigt wurde. «Regie zu führen, hat mir sehr viel Spass gemacht», sagt Strittmatter und streichelt ihren Hund, der mittlerweile eingeschlafen ist. «Es gibt aber noch andere Möglichkeiten, wie ich mir die Zukunft vorstellen könnte. Das wichtigste ist doch, dass man ganz viel ausprobiert.» Nur so finde man heraus, was man gerne mache und worin man gut sei. «Ich bin an einem Wendepunkt meines Lebens. Alles ist offen», sagt sie. «Und diese totale Freiheit zu verspüren, ist ein wunderbares Gefühl.» Nirgendwo sonst werde ihr das mehr bewusst als zwischen diesen mächtigen Bergen.

Über Neujahr fliegt Nadine Strittmatter zu ihrem neuen Freund Greg Benatar (42) nach Südafrika. Danach gehts nach New York, später für ein Shooting nach Florida. Die Welt ist ihr Zuhause. Doch so richtig daheim fühlt sich Strittmatter wohl nur in Arosa. «Ich werde immer hierher zurückkehren», sagt sie. «Nirgends bin ich näher bei mir selbst.»

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