Der Luzerner Inhaber einer Unterlagsbodenfirma Ambros Christen (52) führt seine Besucher zuerst in den Garten seines Büros am Ortsrand von Ennetbürgen NW, einer im japanischen Stil bepflanzten Oase: «Sie ist das Werk meiner Frau!» Unter asiatischen Nadelbäumen ruht auf einem Sockel eine Tierskulptur aus Stein, sie erinnert an einen Hund.
Herr Christen, ist dies das Grab Ihrer Boxerhündin Tessa?
Ambros Christen: Nein! Unsere Tessa war zwar unser Traumhund. Aber dieses Kunstwerk, das Ilona ausgesucht hat, stellt den Hund des Germanengottes Wotan dar. Meine Frau sagte: «Der passt auf, dass sich kein Buochser über die Ennetbürger Grenze schleicht.» Typisch Ilona: Sie sprühte vor Ideen.
Sie wirken sehr gefasst. Wie fühlen Sie sich wirklich?
Der Tod gehört für mich zum Leben. Er ist Realität.
Im Büro ihres Mannes ist Ilona Christen allgegenwärtig: An den Wänden moderne Malerei, die sie gesammelt und Fotos, die sie aufgenommen hat, ein gerahmtes Porträt zeigt Ambros Christen mit arabischer Kopfbedeckung.
An was erinnert Sie dieses Bild?
An eine unserer vielen Reisen nach Dubai. Ilona hat immer gesagt: «Diese Stadt ist wie eine wunderschöne Frau mit ellenlangen Beinen, die aufpassen muss, dass sie nicht über sich selber stolpert.» Ilona hatte die Gabe, alles in einen treffenden Spruch zu packen.
Sie waren 27 Jahre lang verheiratet. Ein Schweizer, der auf dem Bauernhof aufgewachsen ist und ein deutscher Fernsehstar. Wie passte das zusammen?
Es passte perfekt. In unseren eigenen Wänden waren wir ein durchschnittliches, ich möchte fast sagen biederes Ehepaar. Wir sind gewandert, machten es uns vorm Fernseher gemütlich, die Füsse auf dem Sofa. Und Ilona konnte kochen wie eine Göttin.
Auf dem Bildschirm gab sie die forsche Erfolgsfrau. War sie das auch in Wirklichkeit?
Nein. Nur beruflich hat Ilona mit Tempo 200 auf der Überholspur gelebt. Kaum waren mehr als anderthalb Personen mit ihr im Raum, war es, als drehe man einen Schalter um. Nach zehn Minuten hatte sie jedes Publikum im Griff. Wo immer wir aufgetreten sind, egal, ob bei uns in Ennetbürgen in der Dorfmetzg oder beim deutschen Bundespresseball, entstand ein Rummel, als laufe der Papst durch die Stadt.
Viele Schweizer finden diese «typisch» deutsche Aufgedrehtheit grässlich. Wie ging es Ihnen?
Klar, irgendwer hat sich wohl immer heimlich aufgeregt. Auch ich habe meine heutige Offenheit im Umgang mit Menschen erst von ihr gelernt. Irgendwann dachte ich: Hey, du kannst doch nicht rumstehen wie ein Mehlsack und habe mitgemacht. Ich bin froh darüber.
Wie hat ein solches Energiebündel wie Ihre Frau 1999 den Abschied von der Bühne verkraftet? Ihr Leben oberhalb von Ennetbürgen am Vierwaldstättersee spielte sich weit weg von der Welt ab.
Sie hat fotografiert, Kunst gesammelt, wir haben die halbe Welt bereist. Und sie liebte das Haus – nicht nur wegen seines Gartens, in den sie ihre ganze Kraft steckte. Am Anfang unserer Ehe hatten wir ja beide kein Geld. Als wir uns dann etwas Eigenes kaufen konnten, hatte sie sich ihren Traum erfüllt: «Land bis zum Horizont, aber ohne einen Rappen Schulden.» Eine echte Saarländerin eben. Die Saarländer sind wie bei uns die Entlebucher: lebenslustig, aber grundsolide.
Ilona Christen hatte zuletzt stark zugenommen. Gerüchte über eine angebliche Krankheit oder Depression gingen um. Manche sprachen sogar von einem vertuschten Suizid.
Blödsinn! Ich hätte gewusst, wenn sie lebensmüde gewesen wäre. Wir waren Mitglied bei Exit und hatten Patientenverfügungen, da redet man offen über den Tod. Und körperlich krank war sie auch nicht.
Viele bemängelten, dass Sie Ihre Frau «heimlich» bestatten liessen.
Ebenfalls Blödsinn. Sie ist noch gar nicht bestattet. Die Art des Abschieds werden sie und ich gemeinsam festlegen. Ich bin kein Esoteriker, aber ich habe das sichere Gefühl, dass sie noch bei mir ist. Ich rede jeden Tag mit Ilona.