Robert Kreutner (77) überlebte den Holocaust
«Ich bin das Baby aus der Akte Grüninger»

Die Flucht von Robert Kreutner in die Schweiz ist eine Schlüsselszene im Kino-Hit «Akte Grüninger».
Publiziert: 11.02.2014 um 21:16 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 11:49 Uhr
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Robert Kreutner letzte Woche in Zürich mit einem Foto von sich als Baby in Wien.
 Von Ralph Hennecke

Es sei ein Wunder, dass er überhaupt hier sei, sagt Robert Kreutner (77). «Die meisten meiner Verwandten haben den Holocaust nicht überlebt.» Kreutner sitzt in seiner Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung in Zürich-Höngg, in der er seit 36 Jahren zu Hause ist, und blickt nachdenklich in den grauen Nebel hinaus. «Ich habe der Schweiz sehr viel zu verdanken», sagt er, «mein Leben!»

Vor 75 Jahren floh der ehemalige SRF-Mitarbeiter mit seinen Eltern vor den Nazis in die Schweiz. Sein Vater sei von der Waffen SS in Wien aufs Übelste misshandelt worden, sagt Kreutner über die grauenvolle Zeit. «Sie liessen erst von ihm ab, als er am Boden lag. Sie glaubten, er sei tot.»

Die Flucht der verfolgten jüdischen Familie gestaltete sich schwierig. Unzählige Versuche seien gescheitert, sie hätten furchtbar leiden müssen. «Einmal hat mich meine Mutter wegen der Strömung im Rhein ins Wasser fallen lassen», so Kreutner. «Ich bekam eine Mittel­ohrenentzündung, mein Trommelfell platzte. Noch heute höre ich deswegen schlecht.» Zudem habe seinetwegen – dem schreienden Baby – ständig die Gefahr bestanden, von den Grenzbeamten entdeckt zu werden.

Als die Familie die Hoffnung auf ein freies Leben in der Schweiz schon fast aufgegeben hatte, klappte es. Am 29. November 1938 halfen Grenzwächter Alfons Eigenmann und seine Frau der Familie Kreutner mit dem zwanzig Monate alten Baby illegal über die Grenze. Er sei Eigenmann und dessen Frau unendlich dankbar für ihre grosse Tat, sagt Kreutner. «Ohne Eigenmann wäre ich wohl umgekommen. Er hat mir das Leben gerettet.»

In der Schweiz konnte die Familie nach Monaten der ­Todesangst endlich aufatmen. Doch die traumatischen Erlebnisse hätten sie ein Leben lang geprägt. Sein Vater habe jahrzehntelang nicht über die Dramen sprechen können, die ihm im Krieg widerfahren sind. «Mir selbst war lange nicht bewusst, was mit mir in jener Zeit geschah», so Robert Kreutner. «Ich war ja noch zu klein dazu.» Erst viele Jahre später habe Stefan Keller, der Autor des Buchs über Paul Grüninger (1891–1972), in den Archiven ein ­anonym verfasstes Schreiben von Grenzwächter Eigenmann an den damaligen Bundesrat Giu­seppe Motta (1871–1940) gefunden. «Dieses Schreiben zeigte auf, wie Flüchtlinge damals von Grenzwächtern, die sich Befehlen der Obrigkeit widersetzten, in die Schweiz eingelassen wurden. Neben Eigenmann war dies natürlich vor allem Paul Grüninger, der die nötigen Papiere verfasste», so Kreutner. Diese Beamten hätten trotz der Nazi-Umklammerung unseres Landes viel Zivil­courage und Herz gezeigt.

Mitte der 50er-Jahre erhielten Kreutners das  Schweizer Bürgerrecht. Zuvor musste die Familie zusammengepfercht in einem Zimmer zur Untermiete leben, da Ausländer nicht selber Wohnungen mieten durften. Robert Kreutner: «Ich bin dankbar, dass ich hier bleiben durfte. Die Schweiz ist ein Land, in dem wir uns immer wohlgefühlt haben. Deshalb haben wir hier auch unsere Söhne grossgezogen.»

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