René Rindlisbacher und seine Depressionen
So krank ist er wirklich

Ein Starkomiker auf dem Höhepunkt seiner Karriere – doch seine Depressionen überschatten den grossen Erfolg. Wie kann dieser Mann immer noch Tausende zum Lachen bringen?
Publiziert: 27.10.2007 um 20:03 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:14 Uhr
von Karin El Mais

Die Depressionen sind bis heute nicht weg», sagt René Rindlisbacher (44). Er blickt nachdenklich zum Fenster hinaus: «In mir ist dann gefühlsmässig alles dunkel. Immer wieder überfällt mich diese tiefe Traurigkeit.» Der Mann bringt die Schweiz seit bald zwanzig Jahren zum Lachen – ihm selber ist oft nicht danach zumute. Damit nicht genug: Den Starkomiker plagt neuerdings auch eine lästige Psoriasis (Schuppenflechte). «Manchmal könnte ich mich blutig kratzen, weil es am ganzen Körper beisst», sagt Rindlisbacher.

Mittlerweile will er nicht einmal mehr kurze Hosen oder Hemden tragen, so wund und verschorft sind Arme und Beine. Die Ärzte vermuten, dass die Hautkrankheit ein körperlicher Ausdruck seiner Depressionen ist. Dabei läuft es ihm ausgezeichnet – zumindest beruflich. Seit Freitag touren Rindlisbacher und sein Bühnenpartner Sven Furrer (35) wieder durch die ganze Schweiz: Mit ihrem Programm

«2 pro Müll» bringen sie die Fans in Scharen zum Lachen. Mehr als 700 000 Schweizer waren am Sonntag vor drei Wochen Zeugen, als ihre Show «Edelmais & Co.» ausgestrahlt wurde. Sie bescherte dem Schweizer Fernsehen eine traumhafte Einschaltquote. Für Rindlisbacher ein schwacher Trost. «Ich kann von heute auf morgen eine schlechte Phase haben, das hat mit meinem Erfolg überhaupt nichts zu tun.»

Die Sinnkrise ereilte Rindlisbacher erstmals 2006. Kurz vor der Premiere brach er hinter der Bühne zusammen. Diagnose: schwere Depression! «Urplötzlich passierte etwas mit mir, das ich nicht mehr kontrollieren konnte», erinnert er sich. «Es schüttelte mich richtig durch, ich habe nur noch geweint.» Was die Krankheit zum Ausbruch gebracht hat, weiss er bis heute nicht. Was er hingegen genau weiss: «Ich habe die vielen Schicksalsschläge in meinem frühen Leben nie richtig verarbeitet.» Der kleine René war sieben Jahre alt, als seine Schwester an Leukämie starb. Später verlor er den erst 57-jährigen Vater – Lungenkrebs.

René selbst war ebenfalls nicht mit Gesundheit gesegnet. Als 30-Jähriger erlitt er einen Herzinfarkt. «Damals prallte jedoch alles an mir ab», sagt er. «Ich habe diese Tragödien stets von mir gewiesen und nicht realisiert, wie tief die Narben waren, die sie hinterliessen.»
Nach sechsmonatiger Pause kehrte Rindlisbacher vor einem Jahr wieder auf die Bühne zurück. In dem Bewusstsein, «dass ich mich auf einem sehr schmalen Pfad befinde, eine Gratwanderung. Meine Stimmung kann jederzeit kippen.» In solchen Situationen sei er nicht mehr ansprechbar und schotte sich komplett ab. Manchmal starre er aber auch einfach minutenlang auf ein farbiges Blatt Papier.

Chemische Medikamente lehnt er ab. Lieber vertraut er auf Heilmittel aus natürlichen Substanzen. Oder auf einen ganz einfachen Trick: «Merke ich, dass es in mir anfängt zu brodeln, verkrieche ich mich in mein Büro und lasse einen Föhn oder Staubsauger laufen.» Mit Hilfe des monotonen Geräusches gelinge es ihm, seine negativen Gedanken zu absorbieren.

Depressive Stimmungen überkommen ihn meist dann, wenn er allein ist. Seine Frau Monika (45) sowie die Kinder Laura (14) und Nico (11) lassen ihn deshalb nur selten allein. «Meine Familie gibt mir die Kraft, nicht mit dem Schicksal zu hadern, sondern meine Krankheit anzunehmen und damit umgehen zu lernen.» Die Familie steht für ihn mehr denn je an erster Stelle: «Früher war ich oft nicht da, wenn ich zu Hause gebraucht wurde. Das passiert heute nicht mehr.»

Der berühmte Komiker weiss, dass er noch lange nicht über den Berg ist. Doch der berufliche Erfolg freut ihn riesig, ist eine Belohnung für die viele Arbeit und das Herzblut, das er in «Edelmais & Co.» investiert hat. «Rundum glücklich fühle ich mich aber nur im Kreise meiner Familie.»

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Depression – und nichts geht mehr
Depressionen sind mehr als Trauer oder vorübergehende Niedergeschlagenheit. Es sind Gemütskrankheiten, die den ganzen Menschen verändern können. Wer darunter leidet, vermag einfachste Entscheidungen nicht mehr alleine zu treffen, verfällt in einen Grübelzwang, hat Denk- und Schlafstörungen sowie tief greifende Selbstzweifel. Oft kommen körperliche Beschwerden wie Kopfweh oder Verdauungsstörungen dazu. 20 Prozent aller Menschen erkranken einmal in ihrem Leben an einer Depression, Frauen doppelt so oft wie Männer.
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