BLICK: Mathieu Jaton, Elton John sticht aus dem diesjährigen Programm heraus. Was bedeutet Ihnen sein Auftritt?
Mathieu Jaton: Dass Elton John kommt, ist in vielerlei Hinsicht historisch. Es ist sein erstes Mal in Montreux, es ist seine Abschiedstournee, und es ist das erste Mal, dass wir ein Open-Air-Konzert veranstalten. Das Ganze aufzuziehen, war sehr kompliziert für uns, eine Herausforderung – doch wir habens hingekriegt. Wir freuen uns extrem, dass er kommt. Elton ist eine lebende Legende – ein Geschenk für uns.
Was sind die weiteren Highlights der Ausgabe 2019?
Generell haben wir dieses Jahr viele starke Persönlichkeiten auf der Bühne: James Blake, Janet Jackson, Tom Jones, Lauryn Hill, Anita Baker, Joan Baez – wir hatten noch nie so viele Legenden bei uns. Praktisch jeden Abend eine, und alle haben sie Musikgeschichte geschrieben. Auffällig sind auch die vielen starken Frauenstimmen, die mich sehr freuen. Ich darf sagen: Ich bin ein glücklicher Mann!
Haben Sie Gelegenheit, diese Legenden von einer privaten Seite kennenzulernen?
Während des Festivals möchte ich mich bei den Künstlern allerdings nicht allzu sehr aufdrängen, sie sind da für ihren Auftritt, für ihr Publikum, da gehe ich vor dem Konzert selten hin und klopfe an die Garderobentür: «Kuckuck, ich bin der Boss dieses Festivals, kann ich schnell stören?» Bei einigen ergibt es sich dann aber einfach, nach dem Auftritt. So geschehen bei Rag’n’Bone Man, mit dem ich ein Gläschen nahm, da sprachen wir null über die Musik, sondern über seinen Sohn, über seine Familie. Ähnliches geschah bei Usher oder Lady Gaga. Ich mag diese wahren Begegnungen, diese unvorhergesehenen, intimen Momente. Mich interessiert der Mensch hinter einem Künstler.
Wie lief denn die Begegnung mit Lady Gaga ab?
Sehr überraschend! Nach dem Konzert kam ihr Manager und sagte, sie möchte noch ein paar Tage bleiben, um zu relaxen, sie finde es wahnsinnig schön in Montreux. Ich entdeckte hinter der eher schrillen Künstlerin dann eine Frau, die eine grosse Sensibilität hat für das Schöne, das Feine, das Stille – und ein grosses Bedürfnis nach Ruhe hatte. Das alles hat mir imponiert! Sie war mit ihrem Schatz da, und wir haben dem Paar dann alles organisiert.
Was macht den Charme des Montreux Jazz Festival aus?
Es sind verschiedene Faktoren. Das Wichtigste ist aber, dass beim Montreux Jazz Festival alles mit viel Herz abläuft, so wählen wir auch unsere Künstler aus. Diese wiederum schätzen das menschliche, den Kontakt, den wir mit ihnen pflegen. Ein Faktor ist sicher auch Montreux als Ort. Es ist eine kleine Stadt, alles ist nahe beieinander, das Festival hat einen fast intimen Charakter – was in einer Zeit, in der der Gigantismus grassiert, sicher aussergewöhnlich ist. Und nicht zuletzt ist es der Austausch zwischen jungen und arrivierten Künstlern, der bei uns gepflegt wird. Es läuft insgesamt alles sehr familiär ab. Einige Künstler kommen sogar in den Ferien zu uns, das ist unglaublich!
Zum Beispiel?
Als Janelle Monáe 2010 zum ersten Mal in Montreux auftrat, meldete sich Prince, er wolle sie unbedingt sehen. Er kam dann und sah sich ihren Auftritt an – die Initialzündung zu einer Zusammenarbeit zwischen ihr und ihm. Und für sie der Startschuss zu einer tollen Karriere.
Wie vergleichen Sie das Festival von früher mit heute?
Strukturell kann man das fast nicht mehr vergleichen, der heutige Event hat mit dem Festival vor über 50 Jahren nichts mehr zu tun. Was geblieben ist, ist der Geist, den Claude Nobs ab 1967 geschaffen hat: dass es in der Musik keine Barrieren gibt, dass man teilt, dass man sich trifft, um schöne Momente zu erleben. Nobs hat es geschafft, dass die Künstler als Menschen an das Festival kommen können. Dieser Esprit, die Leidenschaft für Musik und das Bedürfnis, dass Künstler und Publikum glücklich sind in Montreux, fliessen auch in meinen Venen.
Wie tickt Mathieu Jaton privat?
Das Wichtigste ist für mich die Familie, aber auch das Musizieren, doch das wurde wegen des Jobs etwas weniger als früher. Dazu treibe ich Sport, bereise gerne neue Länder – und dann sind es Freunde, Freunde, Freunde. Ich liebe es, Leute einzuladen, zu empfangen, zu bekochen. Da drückt meine Hotelierseite durch. Mein Universum ist insgesamt sehr reich, ich bin neugierig und wissbegierig. Und ich will im Leben vorwärtskommen – genauso wie mit dem Festival.