Gruselig, gruseliger, Pennywise – wer in den 90er-Jahren gross wurde, dürfte sich vor dem Horror-Clown aus «Es» von Stephen King (71) gefürchtet haben. Dafür sorgte die TV-Verfilmung, die 1990 zum ersten Mal über die amerikanischen Bildschirme geflackert ist und auch hierzulande schnell Kult wurde. Schaut man sich die Miniserie allerdings heute an, wird schnell klar, dass die meisten seiner Schrecken für erwachsene Zuschauer verpuffen. 2019 lernte Pennywise mit der Neuverfilmung «Es: Kapitel 1» aber die nächste Generation das Fürchten. Die neue Version traf einen Nerv und wurde gar zum erfolgreichsten Horror-Streifen aller Zeiten.
Jetzt öffnet der Zirkus des Grauens wieder seine Pforten, am 6. September kommt «Es: Kapitel 2» ins Kino. Nachdem der «Club der Verlierer» das Monster unter Derry scheinbar vor 27 Jahren besiegen konnte, zeigt eine neue Serie an Morden, dass Es keinesfalls tot ist. Die sieben Freunde müssen ihr Versprechen einlösen und noch einmal an den Ort des Grauens zurückkehren, um gegen den Kinderfresser anzutreten – mit schrecklichen Konsequenzen.
«Es» galt lange als unverfilmbar. Schliesslich umfasst die Vorlage von Stephen King ganze 1138 Seiten. Die Handlungen der Vergangenheit und Gegenwart in zwei einzelne Filme aufzuteilen, war deshalb sicher die richtige Entscheidung. Leider reicht es aber trotzdem nicht, um jetzt alle Längen auszubügeln. Dafür liess der erste Teil nicht nur zu viele Handlungsstränge offen, der zweite öffnet nun noch viele weitere. So wirkt «Es: Kapitel 2» gleichzeitig zu langatmig und zu gehetzt.
Zu viele laute Schockmomente, zu wenig Grusel
Die grosse Stärke von «Es: Kapitel 2» hingegen ist und bleibt Bill Skarsgård (29) als Pennywise. Wenn der Horror-Clown aus dem Dunkeln mit einem kleinen Mädchen spricht, stehen einem die Haare zu Berge. Doch solche Momente gibt es zu wenig. Denn «Es: Kapitel 2» setzt weniger auf subtile Atmosphäre als auf laute Schockmomente. Hier wird geklotzt, nicht gekleckert. So sieht man Pennywise auch weniger in seiner Clown-Form – sehr zum Nachteil des Films. Als Es beispielsweise im Körper einer nackten Grossmutter im Hintergrund einer Einstellung von Tür zu Tür tanzt, ist das nicht angsteinflössend, noch nicht einmal gruselig. Dafür verkneift man sich im Kinosessel ein Lächeln. Die goldene Regel des Horrorfilms wird mit «Es» bestätigt: Weniger wäre oft mehr.
Durchaus gelungen ist aber einmal mehr der «Club der Verlierer». Es macht Spass zu sehen, was aus den sieben Freunden wurde, nachdem sie sich als Kinder solch Schrecken stellen mussten. Die Figuren wirken glaubhaft und umso mehr fiebert man bei ihrem Kampf gegen ihre tiefsitzenden Traumata mit. Es ist nicht nur ein monströser Gestaltwandler, der Kinder frisst. Es ist auch ein Symbol für Kinderängste und -bürden, die einem auch als Erwachsener nicht loslassen. Und das wäre eigentlich schon angsteinflössend. Wäre.