Manche Filme haben schon vor der Veröffentlichung einen harten Stand. Als Disney vor drei Monaten in einem ersten Trailer Will Smith (50) als Dschinni im neuen «Aladdin»-Streifen enthüllte, war der Aufschrei im Netz gross. Das Gesicht des Hollywood-Schauspielers wollte nicht richtig zu dem blauen Flaschengeist passen. Zu gross schienen die Fussstapfen, die Smith nach dem Tod von Komiker Robin Williams (†63) füllen musste. Es folgten Tausende von Memes, Disney-Fans auf der ganzen Welt waren sich sicher: Die Realverfilmung von «Aladdin» wird eine Katastrophe werden.
Eine Katastrophe ist «Aladdin» aber nicht – im Gegenteil. Der Abenteuerfilm macht viel Spass. Regisseur Guy Ritchie (50) setzt auf Klotzen statt Kleckern, und das erleichtert den Wechsel vom Trick- zum Real-Film. Explodierende Farben, herrlich kitschige Tanzszenen, aufwendig aufgebaute Palast-Sets – «Aladdin» bleibt seinen Wurzeln als Musical-Film vollkommen treu. Ästhetisch orientiert sich «Aladdin» zwar mehr an Bollywood als an Nahost, doch es handelt sich schliesslich um ein Märchen. Da muss man etwaige kulturelle oder geografische Fehler nicht so eng sehen.
«Aladdin» ist etwas zu lang
Einer der wenigen Wermutstropfen: Wegen der langen Laufzeit von zwei Stunden wird die ständige Reizüberflutung irgendwann leicht anstrengend. Doch besonders das junge Publikum dürfte damit kein Problem haben.
Dafür ist überraschenderweise die im Vorfeld viel diskutierte Besetzung eine der grössten Stärken des Films. Die Chemie zwischen Mena Massoud (27) als Aladdin und Naomi Scott (26) als Jasmine stimmt, man fiebert mit dem Strassenjungen und der Prinzessin mit. Ihr erster Kuss erwärmt das Herz – auch wenn man ihn schon von weitem kommen sieht.
Unbegründete Sorgen wegen Will Smith
Und Will Smith? Der spielt einmal mehr Will Smith, einfach blau angemalt. Der spitzbübische Charme, der seit «Der Prinz von Bel-Air» das Markenzeichen des Schauspielers ist, passt aber perfekt zum blauen Flaschengeist. Dass sich Smith ausserdem von Williams' legendärer Performance inspirieren liess, anstatt etwas vollkommen Neues zu versuchen, war die richtige Entscheidung. Der Dschinni bleibt so auch 2019 eine tolle Figur.
Nur bei Bösewicht Jafar griff Disney ordentlich daneben. Sogar Papagei Iago ist bedrohlicher als die brave Performance von Marwan Kenzari (36).
Auch nach «Aladdin» kann man immer noch darüber diskutieren, ob die Welt diese neue Welle an Disney-Realverfilmungen überhaupt braucht. Die neue Version ist zwar sehr gut, an die Vorgänger von 1992 kommt sie aber einfach nicht heran. Doch auch 2019 summt man «Arabische Nächte» noch Stunden nach dem Kino-Besuch. Und das macht ordentlich gute Laune.